Fall K.: Was in dem Camp geschah
Wie eine Betreuerin den Vorfall im Frühjahr 2009 in Johannesburg erlebte.
Willich. Es ist diese verdammte Mauer aus Angst, Scham und Nicht-wissen-wollen. Sie verhindert oft genug, dass Fälle von Missbrauch an die Öffentlichkeit geraten. Das war im Fall des Willicher Pfarrers Georg K. anders. Nicht, was die Geschichten von Missbrauch angeht, die in Deutschland im Raum stehen. Aber bei den Fällen, die sich in dem Kommunion-Camp in Südafrika abgespielt haben sollen und die derzeit vor einem Gericht verhandelt werden, lief es anders.
Mitverantwortlich dafür war Uschi Schäfer. Die 46-Jährige Deutsche lebt seit 1993 in Südafrika. Als Mitglied der deutschen St. Bonifatius-Gemeinde war sie Betreuerin in dem Kommunion-Camp im Frühjahr 2009 — neben Pfarrer K..Schäfer ist studierte Theologin, arbeitete ehrenamtlich in der deutschen Pfarre. Wie hat sie die Situation erlebt?
„15 Kinder waren in der Gruppe, eine Mutter, die mit mir die Betreuung machen sollte, hatte kurzfristig abgesagt“, erinnert sie sich. Das Camp lief von Freitag bis Sonntag. „Am Montag rief mich die erste Mutter an“, sagt Schäfer. Ihr Sohn hatte sich in dem großen Schlafsaal verstecken und beobachten können, wie der Geistliche zu anderen Kindern ins Bett stieg.
„Natürlich war ich schockiert“, sagt Schäfer. Aber, sie habe sowohl Kind wie Mutter ernst genommen. „Ich wollte versuchen, herauszubekommen, was genau geschehen war.“ Sie räumt ein, quasi auf ein Missverständnis gehofft zu haben. Zeitgleich mit dem Telefonat war der Vater des Jungen unterwegs, um K. zur Rede zu stellen.
Am Abend meldete sich K. telefonisch, erklärte, er habe die Kinder nur kitzeln wollen. „Aber die Schilderungen der Kinder waren eindeutig“, erinnert sich die Theologin. Und schildert eindrucksvoll ihre fürchterliche Unsicherheit: „Man tappt im Dunkeln, will’s nicht wahrhaben.“ Ihr Misstrauen wuchs schnell. K. habe sich darüber beklagt, dass der betroffene Vater ihn angeschrieen habe, sein eigenes Verhalten habe er nicht angesprochen. „So, wie er verhält sich niemand, der unschuldig ist“, sagt Schäfer.
Das Verfahren kam in die Pötte. Es dauerte drei Monate, bis es lief. So lange brauchte die Kirche, um den Priester zu suspendieren. „Es ist zermürbend“, beurteilt die Deutsche die Situation in der Pfarre. „Die Gemeinde will doch auch Klarheit haben.“ Was geholfen habe, sei das Geständnis von K., Missbrauch in Deutschland begangen zu haben und die Selbstanzeige bei der deutschen Staatsanwaltschaft. „Dadurch wissen nun alle, dass er belastet ist. Seine Dementis in den Fällen hier glaubt ihm jetzt niemand mehr.“ Mittlerweile haben zwei der betroffenen fünf Familien das Land verlassen.
Hatten die kirchlichen Entscheidungsträger in Südafrika noch zügig reagiert, konnte man das von den beteiligten deutschen Gremien nicht behaupten.
Hier fällt Uschi Schäfers Urteil über das Bistum Aachen und die Deutsche Bischofskonferenz vernichtend aus: „Der Umgang mit den Opfern zeugt nicht von einem christlichem Weltbild. Es gab mit mehreren betroffenen Familien nicht mal Kontakt. Eine Entschuldigung hat es nie gegeben.“ Uschi Schäfer geht nicht mehr in die deutsche Pfarre, hat sich einer südafrikanischen Gemeinde angeschlossen. Und der Fortgang des Verfahrens? „Das kann noch ein, zwei Jahre dauern.“