Hanfanbau für die große Liebe

Ein Meerbuscher legte in Willich eine Drogenplantage an. Jetzt wurde er verurteilt.

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Willich/Meerbusch. Der Versuch, seiner damaligen Freundin ein gutes Einkommen vorzugaukeln, hat einen 35-jährigen Meerbuscher Ende 2017 in Untersuchungshaft und jetzt vor die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Krefeld gebracht. Die Anklage: Verdacht des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das Gericht verurteilte ihn zu dreieinhalb Jahren Haft.

Etwa ein Jahr hatte er im Keller eines gemieteten Hauses an der Büttgener Straße in Willich Marihuana angebaut. Als seine Plantage im November 2017 aufflog, stellte die Polizei 607 Cannabispflanzen, mehr als 780 Gramm geerntetes, konsumfähiges Cannabis und eine umfangreiche Ausrüstung sicher. Nach Ansicht des Staatsanwaltschafts und eines Gutachters betrieb der 35-Jährige die Plantage „hochprofessionell“ mit Ventilatoren, Hochleistungslampen, Zeitschaltuhren, Reflektoren und ausgeklügeltem Belüftungssystem.

Der 35-Jährige hatte noch vor seiner ersten Vernehmung direkt nach der Festnahme im Polizeiwagen gestanden, die Drogen angebaut zu haben. Er selbst sei nie Konsument gewesen und habe sich sämtliches Wissen über Hanf-Anbau angelesen oder per Internet-Videos angeeignet. Den Anbau habe er nur als Möglichkeit gesehen, seiner damaligen großen Liebe ein gutes Einkommen vorzugaukeln. Denn beruflich sei es damals schlecht bei ihm gelaufen; der Job als Promoter brachte nicht genug ein, um seinen Lebensstandard zu halten.

Die Beziehung zu der Frau endete bereits im Sommer 2017. Der 35-Jährige gab an, dass er die Plantage dennoch weiterführte, um seine Schulden zur Investition in die Ausrüstung und seine Miete für den Zwei-Jahres-Mietvertrag bezahlen zu können. Ende 2017 habe er aussteigen wollen. Dazu kam es dann abrupt — durch einen Zufall.

Der Mann geriet in den Fokus Düsseldorfer Drogenfahnder, nachdem diese in der Landeshauptstadt eine große Marihuana-Plantage ausgehoben hatten. Deren Initiator stellten sie später in einer konspirativen Wohnung in der Düsseldorfer Innenstadt — in seinen Unterlagen fand sich ein beendeter Mietvertrag für das Haus in Willich, das inzwischen der Meerbuscher gemietet hatte. Die Ermittler vermuteten dort eine weitere Plantage des Düsseldorfers.

Sie observierten das Gebäude, entdeckten zugeklebte Kellerfenster und fanden ungewöhnliche Wärme-Entwicklung, Videoüberwachung und einen Fingerabdrucksensor höchst verdächtig. Den Meerbuscher beobachteten sie, wie er mehrmals täglich aus seiner angrenzenden Mietwohnung in den vermuteten Hasch-Keller im Anbau ging. Wie sich herausstellte, war es allerdings reiner Zufall, dass sich der Meerbuscher in das Haus eingemietet hatte.

Vor Gericht präsentierte er sich gesundheitlich angeschlagen und reumütig. „Das tut mir alles sehr leid. Ich bin kein krimineller Mensch und hätte nie gedacht, dass es so schlimm wird, was ich mache“, sagte er . Seine Tat räumte er ein und bezeichnete sich als alleinverantwortlich. „Ich möchte einfach eine zweite Chance. Die Untersuchungshaft hat mich sehr mitgenommen, aber mich auch sehr belehrt.“

Während die Staatsanwaltschaft aufgrund der Plantagengröße und der Menge der zu erwartenden Ernte nicht von einem minderschweren Fall ausging und eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren forderte, plädierte der Verteidiger auf eine Strafe „unter drei Jahren“. Er stimmte der Staatsanwältin jedoch zu, dass die Menge keinen minderschweren Fall zulasse. Aber er rechnete mit weniger Ertrag durch die Drogenpflanzen als Staatsanwaltschaft und Gutachter. Die gingen von 15 Kilo Marihuana pro Ernte aus, der Anwalt von rund zwei Kilo weniger, da sein Mandant nur die hochwertigen Blüten habe verwerten wollen, nicht sämtliche Pflanzenteile.

Dem schloss sich die Kammer an, die die Erklärungen des Angeklagten sowie dessen Reue für glaubwürdig hielt. Verkauft hat der Meerbuscher aus seiner kurzen Pflanz-Karriere nichts — auch das wirkte sich leicht strafmildernd aus, zudem die Tatsache, dass der er zuvor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Im Gefängnis wird der 35-Jährige seine Strafe nicht absitzen müssen: Die Kammer setzte den Haftbefehl aus.

Ausschlaggebend für die Möglichkeit des offenen Vollzugs war unter anderem der Einsatz zweier Jugendfreunde des Meerbuschers. Sie besorgten dem 35-Jährigen einen Arbeitsvertrag in ihrem Unternehmen und eine 7500 Euro Sicherheitsleistung.