Brieftauben im Klassenzimmer

Züchter Winfried Faßbender brachte Grundschüler in Schiefbahn mit Jungvögeln in Kontakt.

Foto: Kurt Lübke

Schiefbahn. Der Schulhof der Astrid-Lindgren-Schule wurde jetzt zum Auflassort für acht Tauben. Der Schiefbahner Züchter Winfried Faßbender hatte zuvor den Schülerinnen und Schülern des Offenen Ganztags ein ganz besonderes Erlebnis beschert. Er hatte Jungtauben, zwischen zwei und 20 Tagen alt, mitgebracht — Tiere, die selbstverständlich angefasst werden konnten.

Es war nicht das erste Mal, dass Faßbender mit Tauben in die Grundschule an der Wilhelm-Busch-Straße gekommen war. Und es war auch nicht das erste Mal, dass die Kinder mit Tieren in Kontakt gebracht wurden: „Wir hatten auch schon Fledermäuse hier“, sagte Elita Grafke, die die Kinder für Natur-Themen begeistern und sensibilisieren möchte.

Sensibel gingen die Grundschüler mit den zum Teil erst vor zwei Tagen geschlüpften Tauben um, trugen sie, wobei die „Babydecke“ aus einem Papiertuch bestand. Die Kleinen wirkten zerbrechlich, ihr zarter Flaum schimmerte gelb. Erstaunlich, wie erwachsen dagegen die 20 Tage alte Taube wirkte. „Die Tiere wachsen explosionsartig“, erklärte Winfried Faßbender.

Helene (9) ging mütterlich-zärtlich mit den Jungtieren um, aber auch die Jungs griffen sehr behutsam zu. Die große Taube setzten sie in eine Burg, die die Kinder eigens gebastelt hatten. Und sie erfuhren, dass Tauben es waren, die bei Belagerungen mögliche Retter informierten. „Deshalb gibt es Städte, die ein Denkmal für diese Brieftauben errichtet haben“, sagte Elita Grafke.

„Ich habe seit über 60 Jahren Tauben“, erklärte der 76-Jährige - ein für die Kinder kaum vorstellbarer Zeitraum. Die kleine Jolie (7) gestand: „Ich habe zum ersten Mal eine Taube angefasst.“ Sie war mit großer Begeisterung und Neugier bei der Sache. Sie hörte, dass Tauben auf Versteigerungen in Ausnahmefällen schon mal kleinere fünfstellige Beträge erzielen. Und sie sah die kleinen grünen Ringe an einem der Füße: „Diese Ringe werden am neunten oder zehnten Tag befestigt und werden auch nicht mehr abgenommen“, verriet Faßbender. Er hatte auch einen Brutteller mitgebracht, ausgelegt mit einer kuscheligen Filzeinlage. Früher hätten die Tauben selbst Materialien zusammengetragen, um ein bequemes Plätzchen zu schaffen.

Dass die Brutzeit zwischen 17 und 19 Tage dauert, erfuhren die Kinder ebenso wie die Tatsache, dass Faßbender seinen rund 60 Tieren keine Namen gibt. Großes Staunen dann noch einmal am Schluss: Acht größere Tauben wurden nach und nach aus ihrem mobilen Käfig in die Freiheit entlassen. Sie drehten eine Orientierungsrunde, wurden immer kleiner und dürften in wenigen Minuten zu Hause am Bertzweg angekommen sein.