Willich Keine Politik mit dem „Eisenbesen“
Die Ratsfraktion „Für Willich“ hat Ziele und Perspektiven vorgestellt. Detlef Nicola, Theresa Stoll und Martin Dorgarthen wollen bei Abstimmungen situationsbedingt entscheiden.
Willich. „Wir werden zukünftig nichts blockieren, nur weil man mit uns in der Vergangenheit übel umgegangen ist, sondern sagen den anderen Fraktionen unser Mitarbeit zu, wenn dabei was Sinnvolles für unsere Stadt herauskommt“. Das sagt Detlev Nicola, der am 30. Dezember 60 Jahre alt wird und seit Jahrzehnten in der SPD-Partei und -Fraktion zahlreiche Aufgaben übernommen hatte. In der Wohnstube von Theresa Stoll stellt sich gerade die neue dreiköpfige Fraktion vor. „Für Willich“ heißt sie und wurde vor wenigen Tagen von den drei „Rebellen“ gegründet (die WZ berichtete).
Seit 1994 sitzt Detlev Nicola im Stadtrat. „Fraktionsvorsitzender war ich noch nie“, erzählt er beim Gespräch. Dies hat sich jetzt geändert. Wie es das Protokoll vorschreibt, haben die Drei in geheimer Wahl die Aufgaben und Posten verteilt: Detlev Nicola (Neersen) ist nunmehr der Fraktionschef, Theresa Stoll (Willich) seine Stellvertreterin und der Schiefbahner Martin Dorgarthen (58) der Geschäftsführer. Nicola begründet dies damit, dass man durch den Fraktions-Status mehr Handlungsmöglichkeiten habe, mehr Informationen von der Verwaltung erhalte und auch eigene Anträge stellen dürfe. Derzeit sei man auf der Suche nach einem Fraktionsbüro.
Die drei überzeugten SPD-Kommunalpolitiker waren kürzlich aus der SPD-Fraktion ausgetreten, weil sie sich vor allem von Fraktionschef Bernd-Dieter Röhrscheid als auch vom Ortsvereinsvorsitzenden, Dietmar Winkels, ungerecht behandelt fühlten. Nicola: „Bei einigen Entscheidungen der Partei- und Fraktionsspitze waren kritische Rückfragen überhaupt nicht erlaubt, wir fühlten uns zuletzt nur noch wie so eine Art Stimmvieh.“
Alle drei SPD-Mitglieder sind überzeugte Sozialdemokraten. „Aber es gibt auch eine Schmerzgrenze“, spricht Martin Dorgarthen, der seit über zehn Jahren der Partei angehört, das „Nachtreten“ der alten Führungsriege an, die derzeit sogar ein Parteiausschlussverfahren prüfe. „Wenn weiter so nachgetreten wird, werde ich meine Konsequenzen ziehen und selbst aus der SPD austreten“, sagt Dorgarthen. Theresa Stoll, die vor fünf Jahrzehnten als damals 15-Jährige in die Partei eintrat und sich in vielen Bereichen um ein attraktives Wohnen in Willich bemühte, bestätigt, dass man zuletzt nur noch schleppend und noch nicht einmal in Gänze Informationen von der eigenen Fraktion erhalten habe. „So beim Thema Stadt-Archiv“, kommt sofort die Bestätigung von ihrem Kollegen Dorgarthen.
Jetzt will man aber nach vorne blicken. Nicola: „Wir werden dabei keineswegs mit dem Eisenbesen rangehen und alles in Frage stellen, sondern situationsbedingt entscheiden.“ Was „Für Willich“ dabei selbst auf der Agenda hat: die verkehrslenkenden Maßnahmen vor allem in Neersen als auch auf der Alten Landstraße in Niederheide (dort wohnt Dorgarthen) zu verbessern. Während sich in Neersen zu Hauptverkehrszeiten am Autobahnkreuz jedes Mal ein riesiger Stau bildet, der nicht abgeleitet wird und sogar zu Schleich-Verkehren führt, werde in Niederheide viel zu schnell gefahren. Theresa Stoll werde weiter für ein Ambulatorium in Alt-Willich kämpfen und will sich bei den Überplanungen des ehemaligen Krankenhauses und des Rewe-Brauereigeländes konstruktiv einmischen. So wie sie es unter anderem schon bei der Umgestaltung des Willicher Marktplatzes getan habe.
Die Drei versprechen sich von ihrem neuen Fraktions-Status mehr Einflussmöglichkeiten und einen größeren Gestaltungsspielraum als zuvor. Laut Nicola hab es sogar schon einige Anfragen von Bürgern gegeben, die mitarbeiten möchten. „Wir werden im neuen Jahr von Fall zu Fall offene Fraktionssitzungen anbieten“, verspricht er.
„Vielleicht sind wird auch einmal das Zünglein an der Waage“, weisen die Drei noch darauf hin, dass bislang die Fraktionen von SPD, Grüne und FDP ein Ratsmandat mehr hätten als die CDU. So dass es zukünftig bei knappen Entscheidungen auf die Stimmen von „Für Willich“ ankommen könnte. Noch offenlassen wollen die „Rebellen“, ob in der Zukunft aus „Für Willich“ mal eine Partei oder eine Wählergemeinschaft werden könne.