Tönisvorst Mit dem Ordnungsdienst auf Streife

Die Einsatzkräfte der Stadtverwaltung, die für den ruhenden Verkehr zuständig sind, haben keinen einfachen Job. Die WZ durfte inkognito eine Runde mitgehen.

St. Tönis. Immer wieder gibt’s Stress. Die Beschäftigten des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) haben es wirklich nicht leicht, geraten in schöner Regelmäßigkeit in die Schlagzeilen. Im Falle von Tönisvorst zuletzt vor zweieinhalb Monaten, als es um Knöllchen ging, die bis spät in den Abend geschrieben werden. „Gehen Sie mal mit. Schauen Sie sich das an“, forderte daraufhin Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten die WZ auf. Gesagt, getan. Und damit nicht auffiel, dass ein Reporter mit von der Partie ist, musste der Redakteur sich für den Rundgang in St. Tönis eine Jacke vom Ordnungsdienst überstreifen.

Foto: Kurt Lübke

Es ist Donnerstag, Markttag. Die Innenstadt ist voll, es gibt viel zu tun. Dass die Arbeit von Sebastian Manske (26) und Georg Haas bei weitem nicht nur darin besteht, Verwarngelder für Falschparker auszustellen, wird klar, als die Männer das Verwaltungsgebäude an der Bahnstraße verlassen.

Gerade sind sie durch die Tür, schon werden sie angesprochen. Ein Anwohner der Willicher Straße ärgert sich über einen Anhänger, der schon lange vor seiner Haustüre steht. „Viel zu lange. Das darf der nicht“, sagt der Mann. „Wir kümmern uns drum“, entgegnet Georg Haas. Der 60-Jährige macht diesen Job seit sechs Monaten. Vorher war er Außendienstler bei einer größeren Firma. Er macht seinen Job mit Begeisterung. „Ich bin froh, dass man mich in meinem Alter noch genommen hat, und es macht mir richtig Spaß.“

Die Männer gehen los, Bahnstraße Richtung Rue des Sees. Dort ist der Bordstein abgesenkt, ein Pkw parkt mit den linken Reifen einige Zentimeter auf dem Gehweg. Erlaubt ist das nicht. Aber es gibt Ermessensspielraum, der an diesem Vormittag noch häufiger eine Rolle spielen wird. Der Autofahrer bekommt die Gelbe Karte. Das ist nicht Fußballer-Deutsch, sondern tatsächlich ein Hinweis auf gelber Pappe, die hinter den Scheibenwischer geklemmt wird. Zahlen muss er nichts.

Es geht weiter über die Krefelder Straße. Gegenüber der Bäckerei van Densen steht ein Pkw gegen die Fahrtrichtung in der Parkbucht. Wird das teuer? „Nein“, sagt Sebastian Manske und schüttelt den Kopf. „Der darf das.“ Wie bitte? „Ja, weil auf der anderen Fahrbahnseite die Straßenbahn fährt“, sagt der 26-Jährige. Er ist seit sieben Monaten beim Ordnungsdienst, hat zuvor eine Ausbildung bei der Verwaltung absolviert.

Dahinter steht ein Wagen, dessen Parkscheibe just im Moment abgelaufen ist. Da ist er wieder, der Ermessensspielraum. „Wir gehen da jetzt dran vorbei, wenn wir gleich wiederkommen, ist vielleicht ein Verwarngeld fällig“, erklärt Haas. Auf Höhe der Sparkasse parkt ein Auto, in dem keine Parkscheibe liegt. Haas zückt sein Handy. Das Verwarngeld wird mit Hilfe einer speziellen App festgehalten. Hier werden auch die Fotos gespeichert, die die KOD-Beschäftigten machen.

Georg Haas, Kommunaler Ordnungsdienst der Stadt Tönisvorst

Haas ist noch nicht fertig, als der Fahrer des Wagens ankommt. Er erkennt die Situation sofort. „Machen Sie ruhig, mir ist gerade eingefallen, dass ich’s vergessen habe“, verteidigt sich der Mann. „Wir können Sie auch nur mündlich verwarnen — wenn Sie einverstanden sind“, entgegnet Haas und zaubert bei seinem Gegenüber ein Lächeln ins Gesicht.

„Das ist oft so“, erklärt Manske. Der Ton mache die Musik. Und dabei stoßen er und seine Kollegen häufig auf Verständnis. „Ich könnte 60 Verwarnungen bei einer Runde schreiben. Tatsächlich sind es aber nur um die 40.“

Und dann gibt es immer wieder die böse Frage: „Habt Ihr nichts Besseres zu tun?“ „Ich sage dann immer: Ja, aber ich muss gerade ein Verwarngeld schreiben“, so Haas.

Neuralgische Punkte sind in St. Tönis schnell gefunden: Generell vor den Bäckereien, aber auch am Alten Markt und — besonders donnerstags — auf dem Parkplatz bei Rewe und am Kirchplatz. Dann gibt auch schon mal ein Wort das andere. „Wir versuchen, zu deeskalieren“, sagt Manske. Es sind auch viele Dinge, auf die er und seine Kollegen achten müssen. Handwerker dürfen zu bestimmten Zeiten in die Fußgängerzone, Händler parken am Kirchplatz, donnerstags ist das genehmigt.

Und wenn wegen des Bauprojektes „Ahl Scholl“ am Kirchplatz mal wieder teilweise nichts vor- oder zurückgeht, ist das einfach der Situation geschuldet und nicht dem Versagen Einzelner. Wo’s häufig mit der Toleranz vorbei ist, ist am Post-Shop am Alten Markt. Da kann’s dann auch mal drunter und drüber gehen. Und auch hier — zum wiederholten Mal an diesem Vormittag — werden die Männer von einem Anwohner angesprochen. Der ihnen vorhält, sie sollten doch am Wochenende mal kommen. „Ich bin schon bis zu fünf Mal dort gewesen“, reagiert Haas.

Manchmal braucht’s für die Männer aber auch einen zweiten Blick, um zu sehen, dass ihr Gegenüber nicht unfreundlich ist. Zwar öffnet der Fahrer des Kleinlasters, der auf der Hochstraße steht, nicht die Scheibe, aber er schaut interessiert heraus. „Geldtransporter“, sagt er. Er darf also die Scheibe nicht öffnen.

Zum Schluss nochmal die Sache mit dem Ermessensspielraum: Ein Firmen-Lkw in der Kirchstraße, gegenüber Grappa Toni, parkt so, dass kein Durchkommen ist. Da ist die Sache mit der Toleranz dann vorbei. Der Fahrer muss zahlen.