Neersen: Im Trab auf Goldhelmkurs
Sein Arbeitsplatz ist ein Wagen aus Carbon, sein Partner ist ein PS stark. Trabrennfahrer Michael Nimczyk aus Neersen holte 2008 Erfolge in Serie.
Neersen/Mönchengladbach. Willichs stellvertretender Bürgermeister Hans Kothen wunderte sich auf der Championatsfeier im "Pavillon" der Mönchengladbacher Trabrennbahn: "Dass der beste Berufstrabrennfahrer Deutschlands in Neersen wohnt, habe ich nicht gewusst."
Michael Nimczyk hat mit seinen erst 22 Jahren eine atemberaubende, einzigartige Karriere hingelegt. Seine ganze Familie unterstützt ihn und der Onkel, Unternehmer Hans Brocker, ist sein Hauptsponsor.
Sechs Wochen lang war der junge Mann, der an der Schiefbahner Willi-Graf-Realschule seine Mittlere Reife gemacht hatte, todunglücklich: Das war die Zeit, als er - seinen Eltern zuliebe - eine Ausbildung zum Speditionskaufmann begann. Doch Vater und Mutter hatten ein Einsehen: Im Jahr 2002 begann der Filius eine Ausbildung zum Amateur-Trabrennfahrer. Es folgte 2003 bis 2006 eine Ausbildung zum Profi-Trabrennfahrer und zum Pferdewirt. Lehrherr war sein Vater Wolfgang Nimczyk.
Ihm fällt zur Blitzkarriere seines Sohnes folgender Vergleich ein: "Das ist so, als ob Hoffenheim die deutsche Fußballmeisterschaft gewinnen würde." Bereits im ersten Lehrjahr brachte es Michael Nimczyk, der mit seinen Eltern und der Schwester Cathrin (17) auf der Kickenstraße lebt, zum Lehrlingschampion. Diesen Erfolg wiederholte er im zweiten Lehrjahr, wurde im dritten Europameister der Lehrlinge und errang den Bronzehelm.
Im darauffolgenden Jahr holte er sich den Silberhelm, das heißt, er wurde der zweitbeste deutsche Trabrennfahrer. 2008 dann der Goldhelm - der Lohn für nicht weniger als 177 Siege. Er ist der Jüngste, der diese Erfolge jemals geschafft hat. Als Goldhelmträger darf der 22-jährige Neersener übrigens an Europameisterschaften teilnehmen.
Mutter Beate fährt ebenfalls Rennen, auch Schwester Cathrin und Onkel Thomas Maaßen sind Amateure. Da überrascht es nicht, dass auch die Freundin von Michael Nimczek mit Pferden umzugehen versteht: Nathalie Bahners (24) aus Kaarst ist Pferdewirtin.
In Kaarst hat Vater Nimczyk auch seine 35 Pferde stehen. Er ist Trabertrainer und stolz auf seinen Sohn. Worauf Werner Pietsch, Vorsitzender des Rennvereins Mönchengladbach, den enormen Erfolg des jungen Neerseners zurückführt: "Er hat das richtige Fingerspitzengefühl - mit dem Pferd kommuniziert man über die Leine. Der Fahrer muss sich auf das Pferd einstellen, nicht umgekehrt."
Weggefährten loben: "Der Junge ist so geblieben, wie er war: bodenständig." Der 1,79Meter große und 72 Kilogramm schwere Goldhelmträger legt mit Auto und Pferdeanhänger rund 100000 Kilometer pro Jahr zurück.
Zu seinen Hobbys gehören Schwimmen und Fußball. Im Gespräch bleibt er bescheiden: "Der Erfolg ist im Wesentlichen auf die Pferde zurückzuführen - man kann aus einem Esel keinen Ferrari machen." Sein Arbeitsplatz ist ein 7000 Euro teurer Carbonwagen.