Willich Ruhiges Leben im Flüchtlingsdorf

Bislang 153 Frauen, Männer und Kinder haben die Einrichtung an der Moltkestraße in Willich bezogen.

Foto: Kurt Lübke

Willich. Mohamed Halawi ist sehr zufrieden. „Hier ist es viel besser als in der Niershalle. Denn es gibt etwas Privatsphäre“, erzählt der 25-Jährige aus dem Libanon in recht gutem Deutsch. In seiner Heimat hat er ein Jahr Pharmazie studiert — nach Deutschland ist er vor sieben Monaten als Asylbewerber gekommen. Im Flüchtlingsdorf an der Moltkestraße war er im Mai einer der ersten Bewohner.

153 Frauen, Männer und Kinder leben hier bisher, bis zu 280 können es werden. Wer das Dorf betritt, dem fällt zunächst auf, wie friedlich es hier ist: Auf dem Spielplatz gleich hinter dem Eingang wuseln zwei Kinder. Eine Frau geht vor dem Tor spazieren. Zwei Männer radeln über das Gelände. Vor der „Oase“ genannten Cafeteria sitzen einige Männer in der Sonne und unterhalten sich leise. Ansonsten: Stille.

„Wir hatten noch keinen wirklichen Ärger mit Nachbarn“, hebt der Erste Beigeordnete Willy Kerbusch bei einem Rundgang hervor. Unter seiner Regie ist das Dorf gebaut worden. Auch Spannungen innerhalb des Dorfzauns gebe es — anders als in der Niershalle — kaum. Das ist keine Selbstverständlichkeit: 24 verschiedene Nationen sind derzeit hier vertreten. Den Wachdienst in der Nacht hat Kerbusch schon von drei auf zwei Mitarbeiter reduzieren lassen (einer bleibt in Rufbereitschaft). Und für Kameras zur Überwachung des 25 000 Quadratmeter großen Geländes sieht er gleichfalls keinen Grund.

Kerbusch freut sich, dass die Idee, ein Gartengelände für die Bewohner anzulegen, gut ankommt: Paprika, Bohnen, Erdbeeren, Himbeeren und Co. sind dort schon zu finden. Auch der Einfall, auf ein teures Catering zu verzichten und statt dessen Küchen einzurichten, ist ein Erfolg. „Ich freue mich, dass ich kochen kann, was ich mag“, erzählt zum Beispiel Dedar Raheme aus Afghanistan. Etwa 130 Euro bekommt jeder Einwohner im Monat, um selbst Lebensmittel einkaufen zu können. Ehrenamtler haben sie bei den ersten Gängen in den Ort begleitet.

Viele Flüchtlinge wollen arbeiten, berichtet Regine Hofmeister. Die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung koordiniert die Arbeit von Haupt- und Ehrenamt im Dorf. Seit Kurzem ist sie gemeinsam mit dem neuen Flüchtlings-Sozialarbeiter Lukas Klehr in einem eigenen Büro auf dem Gelände präsent. „Einigen Leuten hier konnten wir schon Arbeits-, Ausbildungs- und Praktikumsplätze vermitteln“, sagt sie. Noch auf der Suche sei man nach weiteren Ehrenamtlern, um die Betreuung der Flüchtlinge ausbauen zu können. Wer Interesse hat: Regine Hofmeister ist unter Tel. 0173/4230912 erreichbar.

Das Dorf an der Moltkestraße ist ein Pilotprojekt. Auch für Ingo Brust von der Willicher Firma MegaVillage, der die Leichtbau-Häuser ursprünglich für die Katastrophenhilfe in der Dritten Welt konzipiert hatte. Statt dessen bereitet er gerade einen Einsatz in Kempen vor: Am dortigen Schmeddersweg soll ein Dorf für etwa 250 Menschen entstehen (siehe S. 15).

In Tönisvorst will Ingo Brust übrigens auch aktiv werden: Am Sportplatz in Vorst steht der Austausch der alten Wohncontainer für Flüchtlinge an. Die Firma MegaVillage hat sich um diesen Auftrag beworben. Schon heute könne die Entscheidung darüber fallen, sagt Ingo Brust.