Rumänienhilfe: Viel Hilfe für arme Leute
Längst ist der Verein darüber hinaus, ein lokales Projekt zu sein. Am Samstag wird Jubiläum gefeiert.
Vorst. Die Liste, die Jakob van Heesch in seinen Händen hält, ist fingerdick. Sie besteht aus Namen und Adressen. „Das sind unsere Fahrer. Die, die uns in unserer Arbeit unterstützt haben“, sagt van Heesch und in seiner Stimme schwingt Stolz mit. Mit „uns“ meint er die Rumänienhilfe Vorst. So dick die Liste, so stark ist die Hilfe, die dieser Verein in das osteuropäische Land bringt, seit 20 Jahren.
Dabei ist das Hilfswerk längst keine ausschließlich lokale Angelegenheit mehr. „Wir haben fast überall Ansprechpartner“, sagt Vorsitzender Hans Holtschoppen. Er nennt ein Beispiel: Wenn der Süßwarenhersteller Lambertz einen Riesenposten Leckereien zur Verfügung stellen möchte, kann Holtschoppen ganz sicher einen Helfer aus dem Raum Aachen anrufen, der sich das Ganze vor Ort anschaut und Details bespricht.
Fast immer noch wie in den Anfangstagen funktioniert das Sammeln von Kleidung in Vorst. „Das sortieren unsere Helferinnen. Anschließend geht es mit Lkw zum Beispiel nach Caransebes“, erklärt Jakob van Heesch, der seit den Gründungstagen für die Transporte zuständig ist.
Diese wiederum funktionieren heute anders, als dies bis vor etwa zehn Jahren der Fall war. Die Hilfslieferungen werden nicht mehr immer selbst, sondern oft von rumänischen Transportunternehmen übernommen, die ansonsten leer in ihre Heimat zurückkehren müssten.
„Das wird über die österreichische Spedition Walter abgewickelt“, erklärt Holtschoppen. Und lobt die Bereitwilligkeit, mit der viele Firmen die Rumänienhilfe unterstützen. Für die Transporte muss immer Geld da sein, um die Fahrten zu finanzieren — Spendengeld.
Aber es gibt immer noch die Transporte, die in Eigenregie gefahren werden. Am bekanntesten ist hier vielen Menschen die Aktion der Feuerwehren, die sammeln und dann die Güter nach Osteuropa fahren.
Ein Blick in die Historie. Alles begann mit einem Hilferuf aus Caransebes über eine Ordensschwester in Vorst. „Gregor Huben, Pfarrer Kamm und ich haben sofort gesagt: Da muss Hilfe her“, erinnert sich van Heesch. Mit einem 2,5 Tonner von medeor ging’s auf die Reise nach Caransebes.
Was die Helfer dort vorfanden, war schockierend. „Die Zustände in den Kinderheimen können sie sich nicht vorstellen“, sagt van Heesch. „In den Krankenhäusern lagen drei Erwachsene in zwei Betten. Die Angehörigen mussten für Verpflegung, Wäsche und alles andere drum herum sorgen.“
Schnell war klar: Man brauchte große Laster. „Jakob sprach meinen Bruder Josef und mich an der Theke mit den Wort an: ,Ihr habt doch einen Lkw-Führerschein.’ Und so waren wir quasi dienstverpflichtet“, sagt Hans Holtschoppen schmunzelnd.
Was bei vielen Helfern, die mit vor Ort waren, hängenblieb, waren die endlosen Formalitäten und Wartezeiten an den Grenzen, vorwiegend an der rumänischen. Da war Kreativität gefragt, manche nennen das Schlitzohrigkeit: Da musste das an Bord befindliche Waschpulver als Eigenbedarf deklariert werden, eine Kaffeemaschine, dem Zoll geschenkt, ersparte jede weitere Überprüfung oder mitgenommenes Gemüse erweckte den Anschein, dass der Transport schnell gehen musste. „Wir hatten zehn Jahre lang richtig Kampf“, sagt Holtschoppen. Nachdem Rumänien zu Europa kam, sei vieles leichter geworden.
Der Kampf gegen das Elend hatte auch schöne Seiten. „Wenn Sie erleben, dass ein Kind vor Freude beginnt zu singen, bloß weil es ein paar Nüsse abbekommen hat, ist das herzzerreißend“, sagt Michael Steeg, der ebenfalls schon häufig beteiligt war.
Wie ist die Situation in Rumänien heute? „Alle Lebensmittelketten und Baumärkte sind da. Aber leisten können viele Rumänen sich das nicht“, sagt van Heesch. Wie lange wird die Rumänienhilfe noch arbeiten? „So lange wir Hilfsgüter bekommen“, sagt Hans Holtschoppen. Und da sei ein Ende nicht in Sicht.