Nach zwei Sommern mit Dürre und Hitze Weitere Dürresommer wären fatal

Tönisvorst. · Dürre, Hitze und Krankheiten setzen dem Baumbestand auch in Tönisvorst ordentlich zu.

Ein Waldstück im Tönisvorster Stadtteil Vorst aus der Luft. Deutlich früher als sonst werfen die Bäume ihre Blätter ab.

Foto: Norbert Prümen

Marco Müller nimmt auch dem Laien jegliche Illusion. „Die Bäume sind zwar noch grün“, sagt der Revierförster, „aber das bedeutet nicht, dass sie gesund sind, sondern nur noch nicht tot.“ Sollten die Sommer in den kommenden Jahren so verlaufen wie 2018 und 2019 mit langen Trockenperioden und extrem heißen Tagen, „dann kriegen wir Probleme“, sagt Müller.

Zu seinem Revier gehören Waldgebiete zwischen Moers im Norden und der Stadt Viersen im Süden sowie von Oedt im Westen bis Düsseldorf im Osten, gut 485 Quadratmeter Fläche insgesamt. Überall gibt es die gleichen Probleme: Hitze, Dürre und Folgeschäden wie beispielsweise die Rußrindenkrankheit, ausgelöst durch einen Pilz, der geschwächte Ahornbäume befällt. Der Parasit hat bereits gut drei Viertel der Ahornbäume im etwa 3000 Quadratmeter großen Waldstück an der Jahn-Sportanlage in St. Tönis eingehen lassen. Der Borkenkäfer dagegen ist in Tönisvorst kein großes Problem – allerdings nur, weil es dort kaum Fichten gibt, welche die gefährlichsten Vertreter, der Buchdrucker und der Kupferstecher, am liebsten befallen.

Diesen Rotbuchen in der Rottheide geht es vergleichsweise gut. Dank Durchforstung haben sie weniger Konkurrenz durch andere Bäume.

Foto: Emily Senf

In Tönisvorst gibt es rund 4800 innerstädtische Bäume. Mit dieser Zahl liege die Stadt im Kreisschnitt, berichtet Manfred Uhling, Leiter des städtischen Bauhofs. Allerdings sei Tönisvorst waldarm; es gebe eher viele einzelne Bäume als zusammenhängende Wälder.

Das Harz an der Rinde dieser Fichte deutet auf Borkenkäferbefall hin.

Foto: Emily Senf

Gut 50 Bäume haben vergangenen Sommer nicht überlebt

Revierförster Marco Müller kennt den Wald in der Rottheide genau.

Foto: Emily Senf

Dies sei bedingt durch die Landwirtschaft. Die städtischen Bäume stehen entlang der Straßen, in Park- und Grünanlagen sowie auf Spielplätzen. Größtenteils handelt es sich um Stieleiche, Platane, Linde, Baumhasel und Säulenbuche. Im Schnitt sind die Bäume etwa 30 Jahre alt. Weil sich die Schäden, die in diesem Sommer entstanden, erst im Frühjahr zeigen, weiß Uhling bislang nur sicher: 2018 zählten er und seine Mitarbeiter alleine in der Stadt gut 50 Bäume, die den Sommer nicht überlebt haben. Das sei durchaus viel, sagt er. Andere werfen deutlich früher als sonst ihre Blätter ab.

Für die Suche nach den Gründen liefert Jörg Friedenberg, Leiter des technischen Fachbereichs, Zahlen: 2018 verzeichnete die Messstelle in St. Tönis eine Niederschlagsmenge von 35,3 Millimeter im Juni, 6,5 Millimeter im Juli und 46,1 Millimeter im August. 2019 waren es 61,1 Millimeter im Juni, 19,4 Millimeter im Juli sowie etwa 50 Millimeter im August. Zum Vergleich: In den Jahren zuvor wurden im Sommer Monatssummen von mehr als 100 Millimeter erreicht. Dazu kommen extreme Temperaturen. Der Deutsche Wetterdienst vermeldete im Juli für etliche Orte bundesweit Rekordmessungen von mehr als 40 Grad Celsius – Tönisvorst rangierte mit 41,2 Grad mit an der Spitze. Eine Erklärung dafür hat Bauhofleiter Uhling nicht, er kann nur sagen: „Für die Bäume ist es sehr schlecht.“ Er erläutert: „Die Stadtbäume kriegen noch die Abstrahlwärme vom Asphalt dazu, dadurch werden sie fast gegrillt.“

Ein weiteres Problem sei, dass die Bäume in der Stadt meist nicht genug Platz hätten. Eigentlich brauche ein Baum ein Erdreich, das so groß sei wie die Krone breit, sagt Uhling. Das sei heute allerdings gar nicht möglich, viele Flächen seien versiegelt. An manchen Straßen mussten Bäume entfernt werden, weil ihre Wurzeln Gasleitungen zu nahe kamen.

Zwar sollen die verlorenen Bäume aufgeforstet werden – für das Stück an der Jahn-Sportanlage sind beispielsweise Hainbuchen geplant –, aber Revierförster Müller will damit bis zum Herbst 2020 warten. „Damit sie nicht sofort wieder absterben“, erklärt er. Auch kämen Baumschulen mit Material kaum hinterher. Laut Landesforstgesetz hat er für die Aufforstung zwei Jahre Zeit.

Einen perfekten Baum der Zukunft, der allen Widrigkeiten trotzt, gibt es nicht, sagt Müller. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als neue Arten auszuprobieren. Er setzt nun auf Tulpenbaum, Flatterulme und Douglasie. emy