Sogar der Teich wird überwacht
Seit dem Unglück bei der Loveparade 2010 schaut die Stadt Willich bei Veranstaltungen noch genauer hin.
Willich. „Unser Schützenfest ist nicht die Loveparade.“ Gebetsmühlenartig hat ASV-Präsident Willi Stennes diesen Satz seit dem Sommer 2011 wiederholt — zuletzt bei der Zugführerversammlung vor einigen Wochen. Er wie auch viele andere Brauchtumsvertreter ärgern sich darüber, dass nach der Katastrophe von Duisburg die Sicherheitsauflagen für Feste verschärft worden sind. Was für die Veranstalter zu höheren Kosten geführt hat. Martin Zinnel, Leiter des Geschäftsbereichs Einwohner und Ordnung bei der Stadt Willich, weist die Kritik daran aber zurück: „Es ist ein Irrglaube, dass Schützenfeste und Loveparade nicht gleichzusetzen sind.“
Zinnels Argumentation: Zwar strömten in Duisburg Hunderttausende zum Fest — doch von der Panik-Katastrophe im Tunnel seien nur wenige Tausend betroffen gewesen. „Und solche Besucherzahlen hatten wir auch beim Eröffnungsfest des Willicher Schützenfestes im Adenauer-Park.“ Aus Sicht der Stadt könne es deshalb nur darum gehen, die Veranstaltung so sicher wie möglich zu machen.
Schon Monate vor großen Festen setzen sich Vertreter von Stadt, Polizei und Feuerwehr deshalb zusammen, um eine „Gefährdungsanalyse“ vorzunehmen. Ein Sicherheitskonzept wird erarbeitet und mit den Veranstaltern abgestimmt. Teilweise wird die Stadt sogar in deren Auftrag tätig: „Die Aach Blenge sind vor Jahren selbst auf uns zugekommen, als der Karnevalszug in Anrath im Chaos zu versinken drohte“, berichtet Zinnel.
Der kleine Verein sei nicht in der Lage gewesen, das Problem in den Griff zu bekommen. Mit Hilfe der Stadt wurde vor allem der Bereich rund um die Kirche entschärft — unter anderem durch das Glasflaschen-Verbot im Vorjahr. „Das werden wir 2013 noch einmal erweitern“, kündigt Zinnel an: Bis 18 Uhr bleibt das Flaschenverbot am Tulpensonntag dann bestehen.
Für das Willicher Schützenfest gab es 2007 das erste Sicherheitskonzept. Damals wurden 7000 Besucher im Sport- und Freizeitzentrum erwartet. „Vor allem Jugendliche und Alkohol waren dort ein Problem“, erinnert sich Zinnel. Die Flaschen mit Hochprozentigem waren teils schon Tage vorher im Gebüsch versteckt worden.
Im Konrad-Adenauer-Park sei das Problem nicht mehr so gravierend. Was nicht nur an der geringeren Besucherzahl liegt: Statt Rockmusik wie in den früheren Jahren gab’s zur Eröffnung diesmal Märsche von „Germania“ — ein Programm, das Jugendliche zumeist nicht in ganz große Feierlaune versetzt.
15 eigene Ordnungskräfte der Schützen sowie zehn Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes mussten für die Veranstaltung abgestellt werden. Nachdrücklich verteidigen Zinnel und sein Mitarbeiter Sascha Döhmen dabei die stark kritisierte Seitenabsperrung des Teiches und den 2011 erstmals vorgeschriebenen Einsatz eines Rettungsbootes: „Das Wasser ist zwar nur 40 Zentimeter tief, doch ertrinken kann man auch schon in vier Zentimetern.“ Eine große Menschenmenge, Dunkelheit, Alkohol und eine 4000 Quadratmeter große Wasserfläche seien eine gefährliche Kombination.
Wie die Mitarbeiter des Ordnungsamtes betonen, handeln sie auch aus eigenem Interesse: „Wenn etwas passiert, müssen wir dafür den Kopf hinhalten“, sagt Zinnel. Einem Kollegen sei das vor zehn Jahren passiert, als er auf Bitten des Bürgermeisters in seiner Freizeit eine Reinigungsaktion der Landjugend im Anrather Park unterstützt habe — und nach einem tödlichen Unfall zur Kasse gebeten wurde.
Zinnel, Döhmen oder ihr Kollege Wolfgang Daubenspeck, der die Sicherheit der Zelte überprüft, müssen sich nach eigenem Bekunden von den Veranstaltern oft harte Worte gefallen lassen. Da sei viel Fingerspitzengefühl gefragt. Auf der anderen Seite werde man von übergeordneter Seite im Stich gelassen. Zinnel: „Nach der Loveparade-Katastrophe haben die Landesbehörden die Unterstützung lokaler Ordnungsämter angekündigt. Darauf warten wir noch heute.“