St. Töniser Schüler fahren nach Auschwitz
Schon zum dritten Mal besucht eine Gruppe des Michael-Ende-Gymnasiums das ehemalige Konzentrationslager. Die Teilnehmer haben sich mental vorbereitet.
St. Tönis. Die Frage, was man für eine fünftägige Kurzreise in seinen Koffer packt, ist mit Blick auf den Wettertrend mehr oder weniger zügig zu beantworten. Aber wie wappnet man sich für eine Reise, die einen an Orte führt, die für Gräueltaten von Menschen stehen, an denen Kinder, Männer, Frauen gequält und ermordet wurden, eine Reise zum Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau?
22 Schüler des Michael-Ende-Gymnasiums (MEG) lassen sich auf diese Erfahrung ein, nehmen über das kommende Wochenende an einem Seminar der Karl-Arnold-Stiftung für politisch interessierte Schüler teil. Diese dritte Auschwitz-Fahrt des MEG, das dieses Angebot als Erinnerungskultur 2015 im Schulprogramm verankert hat, haben die Lehrer Dieter Bergau, Daniel Wirth und Nicole De Bruyn vorbereitet. Organisatorisch ist die Planung für Geschichts- und Philosophielehrer Wirth schon Routine. Die Herausforderung vor Ort, offen für die Emotionalität der Schüler zu bleiben, richtig auf sie zu reagieren und sie angemessen aufzufangen, ist es nicht.
Konstantin, der wie die anderen Seminarteilnehmer in zwei Wochen die ersten Vorabi-Klausuren schreiben wird, hat im vorigen Jahr erlebt, wie genau diese Fahrt und die vor Ort gemachten Erfahrungen seinen Bruder „schockiert und verändert haben. Sie hat seine Einstellung zum Leben verändert, ihn reifer gemacht.“
Konstantin fühlt sich gut vorbereitet: Sein Interesse an Geschichte, die Belegung des Geschichtsleistungskurses gibt ihm ein gutes Wissensgerüst mit vielen Daten und Fakten. „Aber wie ich auf Einzelschicksale reagieren werde, von denen wir dort erfahren werden, das weiß ich nicht.“
Jonas ist durch den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar „noch einmal klar geworden, warum ich mitfahre. Ich rechne damit, dass es mich emotional packt.“ Wenn man sich dem Thema geschichtswissenschaftlich nähere, sei das etwas anderes, als wenn man das menschlich tue.
Konstantin möchte sein „Wissen aus Büchern mit dem realen Eindruck verknüpfen“. Er macht zurzeit einen „Rechtsruck in der Gesellschaft“ aus. „In dieser Zeit ist so eine Fahrt noch wertvoller. Auch wenn wir nur 22 Schüler sind, wir dokumentieren diese Fahrt, wir reden darüber und erreichen so viele andere. Das ist doch eine gute Präventivmaßnahme.“
Jonas ist auf die Begegnung mit einem Zeitzeugen gespannt. Konstantin glaubt, dass der besuch des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau die „bedrückendste Erfahrung“ werden wird. Lena erwartet, dass ihr der Besuch dort noch einmal einen ganz anderen Blick ermöglicht. Christian interessiert sich für die dokumentieren Einzelschicksale.
Teresas Tante war schon in Auschwitz. Sie hat ihrer Nichte die Mitfahrt ans Herz gelegt. Auch die Eltern von Lena wollten ihrer Tochter die Fahrt unbedingt ermöglichen. Den Vater von Fritz imponiert, dass sein Sohn mitfährt und er sich für dieses Thema öffnet.
Morgen früh hebt der Flieger der Tönisvorster ab. Ihre Koffer sind vorbereitet. Ihre Gemüter sind es auch.