Standortsuche für Rettungswache

Kreisverwaltung stellte ihre Planung für Rettungsdienst in Tönisvorst im Hauptausschuss vor.

Foto: Lübke

Tönisvorst. Für Bürgermeister Thomas Goßen kann es beim neu angedachten Rettungsdienst des Kreises nur darum gehen: „Wir in Tönisvorst müssen jetzt schnellstmöglich das Problem gelöst bekommen, dass die Frist von acht Minuten, vom Bekanntwerden bis zum Eintreffen der Rettungswagen mit den Notärzten, flächendeckend bei uns erreicht wird.“

Goßen sagte dem Vertreter der dafür zuständigen Kreisverwaltung seine Unterstützung zu, ihm bei der Grundstückssuche für eine neue Rettungswache behilflich zu sein. Entsprechende Gespräche liefen derzeit bereits, damit es schon in einer Übergangszeit einen Standort für zwei Rettungswagen in Tönisvorst gebe. Sogar eine Interimslösung noch in diesem Jahr wurde für möglich gehalten.

„Derzeit gibt es auf kommunaler Ebene zu viel Emotionalität, Gerüchte und Halbwahrheiten“, sagte im Tönisvorster Hauptausschuss Kreis-Beigeordneter Thomas Heil. Er war mit dem Sachverständigen Holger Behrendt gekommen. Das Bonner Unternehmen „Forplan Dr. Schmiedel GmbH“ hatte das Gutachten zum neuen Rettungsdienst im Kreis Viersen gemacht. Jetzt reisen die Beiden durch die Gemeinden und Städte, um das Gutachten und die Konsequenzen daraus zu erläutern. So unter anderem am 11. Juli im Willicher Stadtrat und am 3. Juli in Kempen.

Thomas Heil musste eingestehen, dass der bisher jährlich fortgeschriebene Rettungsdienst alles andere als optimal funktioniere. Schon jetzt würden insgesamt vier Fahrzeuge, Rettungstransportwagen (RTW) und Krankentransportwagen (KTW), fehlen. Hinzu käme, dass bisher der Kreis zu vordergründig nur innerhalb der jeweiligen Gemeindegrenzen gedacht habe. Jetzt habe man erstmals den kreisweiten Überblick und die Erkenntnis gewonnen, dass kleinere Standorte generell keine optimale Lösung seien. So gäbe es derzeit im Kreisgebiet acht verschiedene Standorte, sieben Standorte sollten es zukünftig für die fünf Versorgungsbereiche sein, bei besseren Bedingungen für die Nutzer. Auch das Problem der besseren Besetzung der Fahrzeuge müsse man in den Griff bekommen.

Michael Horst, SPD-Fraktionsvorsitzender, konnte sich nach den einführenden Worten von Heil die Wortmeldung nicht verkneifen, dass nicht die Kreisverwaltung es war, die sich seit Jahren für eine bessere notärztliche Versorgung ausgesprochen habe, sondern die Politiker. Jedenfalls lobte Horst nachdrücklich die Arbeit der Sachverständigen.

Gutachter Holger Behrendt fasste zusammen: Es gehe nicht um Gemeindegrenzen, sondern um die schnellste Erreichbarkeit. Während in den ländlichen Gemeinden des Kreises Viersen die gesetzlichen Vorgaben erfüllt würden (binnen zwölf Minuten müssen in 90 Prozent aller Fälle Ersthelfer vor Ort sein), kämen die Rettungskräfte in den städtischen Lagen, insbesondere in Dülken und St. Tönis, zu oft zu spät. In gerade mal 82 Prozent der Fälle sind dort in den geforderten acht Minuten die Helfer vor Ort, im Schnitt würden 9,3 Minuten vergehen. Vorgabe sind auch hier 90 Prozent. Von daher hatte das Sachverständigen-Büro den Vorschlag gemacht, die fast neue Rettungswache in Anrath aufzugeben und in Vorst oder Kehn eine neue Wache zu errichten.

Bislang gehört Tönisvorst zum Gebiet der Rettungswache Kempen, wobei die Versorgung durch den Notarzt insbesondere durch das am Krankenhaus Maria Hilf an der Hospitalstraße stationierte Notarztfahrzeug (NEF) wahrgenommen wird. Das NEF steht in Trägerschaft der Stadt als anerkanntes Rettungsmittel unter dem Dach der Rettungswache Kempen.

Überhaupt nicht zu akzeptieren sei, so Holger Behrendt, dass im Jahr 2017 aus den verschiedensten Gründen Fahrzeuge der Notfallrettung und des Krankentransports kreisweit im Umfang von 757 Stunden nicht besetzt gewesen seien. Auch die Besetzung der Leitstelle in Viersen habe Mängel gezeigt. Hier wünschte sich der Gutachter eine bessere Transparenz zwischen Kreis und Stadt Viersen.

„Wir wollen keinem was wegnehmen, sondern brauchen jetzt schnell bessere Lösungen“, machte noch einmal Bürgermeister Goßen deutlich. Auch Torsten Frick (FDP) und Anja Lambertz-Müller (CDU) drängten. „Wie geht das denn jetzt strukturell weiter, noch gehört Tönisvorst ja zur Rettungswache Kempen?“ Auf diesen Einwand von Anja Lambertz-Müller konnte Thomas Heil nur erwidern, dass man bald auch in Abstimmung mit den Krankenkassen handeln werde. Torsten Frick meinte: „Das bisherige Kirchturmdenken bringt überhaupt nichts. Es geht hier nicht um Verlierer oder Gewinner, sondern um eine Verbesserung der jetzigen Situation.“

Wahrscheinlich wird den neuen Rettungsdienst des Kreises Viersen vielleicht noch kurz vor den Sommerferien der Kreis-Ausschuss für Verbraucherschutz, Ordnung und Rettungswesen in einer Sondersitzung verabschieden. Wenn Thomas Heil und Holger Behrendt all ihre Ortstermine erledigt haben.