Anrath/Krefeld Stolperstein für ermordeten Homosexuellen
An der Königstraße in Krefeld wird nun an den Anrather Peter Jöcken erinnert. Er starb am 6. März 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen.
Krefeld/Anrath. Zum inzwischen siebten Mal seit 2006 ist der Bildhauer Gunter Demnig nach Krefeld gekommen. 19 neue Stolpersteine für Opfer der NS-Diktatur hat er dort an sechs verschiedenen Standorten verlegt. Einer dieser Standorte ist die Königstraße. Vor dem Haus 45 erinnert ein Stein jetzt an Peter Jöcken, der am 6. März 1942 im KZ Sachsenhausen starb.
Zur Welt gekommen war Peter Jöcken am 28. August 1887 in Anrath. In Krefeld an der Königstraße hatte er seinen letzten freiwilligen Wohnort. Er war seit dem 31. Januar 1939 mehrfach wegen des Vorwurfes „widernatürlicher Unzucht“ (so der NS-Sprachgebrauch für gleichgeschlechtlich liebende Männer) von der Kölner Polizei verhaftet worden. Im Konzentrationslager war Jöcken als „BV 175“ registriert. Dieses Kürzel hatte die Bedeutung: „Berufsverbrecher nach § 175“. Es wurde denjenigen Männern verpasst, die im Sprachgebrauch der SS als homosexuelle Wiederholungstäter galten.
Aus den erhaltenen Häftlingsunterlagen ist bekannt, dass Peter Jöcken mindestens dreimal in die Krankenbau-Baracke verlegt wurde. Grund: Sein Gesundheitszustand war derartig schlecht, dass der Schmied zu schwach für die tägliche Zwangsarbeit war.
137 Stolpersteine sind insgesamt schon in Krefeld verlegt worden. Aber noch nie zuvor wurde auf diese Weise an einen Mann erinnert, der wegen seiner Homosexualität verfolgt worden war. Zu diesem besonderen Ereignis hatten sich auch der Willicher Stadtarchivar Udo Holzenthal, Bernd-Dieter Röhrscheid und Herbert Gehlen von den Willicher Heimat- und Geschichtsfreunden sowie der Bochumer Jürgen Wenke vom Verein Rosa Strippe an der Krefelder Königstraße eingefunden. Sie hatten Recherchen zum Schicksal des ermordeten Anrathers angestellt.
Diese Recherchen sind keineswegs schon zu Ende. „Unser Ziel ist es, alle lebenden Nachkommen von Peter Jöcken darüber zu informieren, dass für ihn ein Stolperstein verlegt worden ist“, berichtete Bernd-Dieter Röhrscheid. Nach einem Presseartikel im Vorfeld hatte sich bereits der Tönisvorster Herbert Gotzes gemeldet. Der gebürtige Anrather ist ein Großneffe des Ermordeten. Auch er kam jetzt zur Stolpersteinverlegung. „Wie er uns berichtet hat, war in der Familie über das Schicksal von Peter Jöcken kaum gesprochen worden“, so Röhrscheid.
Zu den übrigen 18 neuen Stolpersteinen in Krefeld hatten Ingrid Schupetta und Burkhard Ostrowski von der NS-Dokumentationsstelle Haus Merländer die Lebensläufe der verfolgten und ermordeten Mitbürger erforscht. Sibille Kühne-Franken nahm Kontakt zu den Hauseigentümern auf und warb um Spenden für die Verlegung der Stolpersteine.
“ Nach den Osterferien wird die „Lionstraße“ in Alt-Willich in Erinnerung an die jüdische Familie eingeweiht. Im Dezember werden weitere sechs Stolpersteine — unter anderem für Willicher Euthanasieopfer — in den Altgemeinden verlegt.