Strafbefehl gegen Polizist nach Schuss

Der Mann hatte im Herbst 2016 bei einer Übung versehentlich auf einen Kollegen geschossen.

Foto: Hüskes

Willich. Vor etwa einem Jahr wurde im Vorfeld eines Einsatztrainings der Polizei auf dem Gelände des Bundeswehrdepots an der Krefelder Straße in Willich ein Trainer schwer verletzt. Ein 36-jähriger Kollege hatte einen Schuss auf ihn abgegeben, der ihn in den Bauch traf. Die Staatsanwaltschaft Krefeld hat gegen den Schützen jetzt einen Strafbefehlsantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt gestellt — Strafmaß: ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. Das Gericht hat den Strafantrag inzwischen erlassen und dem Beschuldigten zugestellt, bestätigte Gerichtssprecher Christian Tenhofen. Der Beschuldigte hat zwei Wochen Zeit, Einspruch zu erheben. Tut er dies nicht, ist er rechtskräftig verurteilt. Andernfalls kommt es zum Prozess.

Dafür, dass der Polizeibeamte den Schuss auf seinen Kollegen vorsätzlich abgegeben hat, sieht Staatsanwältin Anna Stelmaszczyk keine Anhaltspunkte. Die Männer seien vor dem Vorfall gute Kollegen gewesen. Vielmehr handelte es sich wohl um einen schlimmen Unfall. Für die Staatsanwaltschaft lief dieser folgendermaßen ab: Vor dem Training warteten die Beamten darauf, ihre Dienstwaffen in einen Tresor zu legen und gegen ungefährliche Trainingswaffen zu tauschen. Auf dem Gelände, wo die Polizisten üblicherweise trainieren, hat jeder Teilnehmer einen eigenen Tresor. In Willich mussten sie jedoch auf einen Kollegen warten, der den großen Tresor aufschließt. „Insofern gab es hier eine Abweichung vom üblichen Prozedere“, sagt Stelmaszczyk. „Dabei hat der Beschuldigte einen spielerischen Angriff seines Kollegen wahrgenommen und so reagiert, wie er es im Training getan hätte“, sagt die Staatsanwältin. Er schoss. „Er hat vergessen, dass er seine scharfe Dienstwaffe noch nicht gegen die Übungswaffe getauscht hatte.“ Die Kugel traf das Opfer in den Bauch. Der Mann wurde schwer verletzt und hat dabei laut Stelmaszczyk auch Folgebeschwerden davongetragen.

Viermal im Jahr muss im Kreis Viersen jeder Streifenpolizist für mindestens eineinhalb Stunden zum Schießtraining. Zweimal im Jahr sind die Kollegen im Innendienst dran. Bei Bedarf wird auch häufiger trainiert. Bei einem Einsatztraining, in dessen Rahmen der Unfall in Willich passierte, werden theoretisch erlernte Inhalte praktisch umgesetzt. In Einsatztrainings werden Handlungs- und Entscheidungsabläufe zur Bewältigung polizeilicher Einsatzlagen intensiv trainiert. Das umfasst die Handhabung der Führungs- und Einsatzmittel wie Pistole und Reizstoffsprühgerät, die Einsatzkommunikation genauso wie die Anwendung körperlichen Zwangs oder auch komplexe Handlungsabläufe zur Einsatzbewältigung.

Üblicherweise werden bei den Einsatztrainings nur wirkungslose Attrappen eingesetzt, um keine Kollegen zu verletzen. Beim Einsatztraining der NRW-Polizei werden ausschließlich sogenannte Rotwaffen in einer Signalfarbe eingesetzt. Diese Waffen sind für jeden sofort durch ihre rote Komplettlackierung erkennbar. Aus diesen Waffen kann aufgrund technischer Schutzmaßnahmen keine Munition verschossen werden. msc