Tanzabend im Alten Zollhaus Stimmungsvoller Abend mit Live-Musik

Willich · Die argentinische Elektrotango-Gruppe „Tangorra Orquesta Atípica“ war im Alten Zollhaus in Willich zu Gast und zeigte, wie sich der erotische Tanz weiterentwickelt.

Tango scheint auch mit elektronischen Klängen tanzbar zu sein.

Foto: Norbert Prümen

(evs) Das „Franzen Zollhaus“ in Willich, so der historische Name, war bis 1835 eine Zoll- und Poststation, wo Zoll kassiert und Pferde gewechselt, Reisende übernachten konnten. Heute kann man dort Kunst- und Kultur, Tanz und Musik genießen. Seit 2005 ist der Verein Zollhaus dort ansässig, ein Zentrum für die Vermittlung lateinamerikanischer Tänze wie Salsa oder Tango durch professionelle Tanzlehrer. Die regelmäßigen Zollhaus-Tanz-Partys locken auch Tanzbegeisterte aus dem weiteren Umfeld an, wie sich am vergangenen Sonntag zeigte. Denn da wartete mit dem „Tangorra Orquesta Atípica“ ein besonderer Abend mit Live-Musik auf, frisch importiert aus Buenos Aires, der Herzstadt des Tangos.

Immer mehr füllte sich die große Tanzscheune des Zollhauses, während sich die Paare eintanzten: Elegant, erotisch, ein Spiel von Nähe und Distanz. Seit dem Jahr 2009 gehört der Tango Argentino zum Weltkulturerbe. Doch der Tanz ist nichts Statisches, er entwickelt sich weiter. „Es gibt mittlerweile sieben Stilrichtungen“, erzählt Gert Böttger, ein Mitglied des Zollhausvereins und selbst begeisterter Tänzer. Das „Tangorra Orquesta Atípica“ nennt sich selbst ein „untypisches“ Orchester, es hat sich der relativ neuen Richtung des Elektrotango verschrieben. „Ich habe die Gruppe beim ersten Elektrotangofestival in März in Buenos Aires erlebt“, erzählt Gert Böttger. Und davon, dass er so begeistert war, dass er die Gruppe nach Deutschland eingeladen hat.

Sie besteht aus den Brüdern Fran (Bass, Electronics) und Mikele Borra (Bandoneon) sowie der Geigerin und Sängerin Cecilia Giles. Fran erzählt in einem Interview von den musikalischen Wurzeln der Familie, die eng mit dem Tango Argentino verbunden ist. „Mein Urgroßvater ist 1919 eingewandert. Das einzige, das er hatte, waren sein Gehör und sein Bandoneon“, berichtet er.

Der Urgroßvater begleitete Stummfilme mit Live-Musik, der Großvater zog mit dem Bandoneon als fahrender Musiker umher. Das Bandoneon, ein Verwandter des Akkordeons, hat kurioserweise einen ganz engen regionalen Bezug. Der Krefelder Musiklehrer und Musikalienhändler Heinrich Band hatte es 1846 entwickelt. Matrosen und Auswanderer brachten es nach Südamerika, wo es in den Hafenbars zum Hauptinstrument für den Tango wurde.

„Wir haben unseren alten Tango nicht verraten, wir haben ihn nur etwas verändert und hoffen, dass es Euch gefallen wird“, sagte Fran unter dem ermutigenden Applaus des Publikums. Um dann die einzelnen Musiker vorzustellen.

Cecilia Giles mit herbem Geigensound und intensiver Stimme, virtuos Mikele am Bandoneon mit dem typisch sehnsüchtigen, melancholischen Ausdruck.

Und darein fügt sich Fran mit dem E-Bass und den unterlegten elektronischen Klängen, die dem Tango einen modernen, urbanen Charakter geben. Und tanzbar scheint er immer noch zu sein. Kurz nach der Freigabe füllt sich die Tanzfläche wieder mit den tanzhungrigen Paaren.