Arbeiten, wo andere ihre Freizeit verbringen Zu Gast bei Familie Tafelsilber

Vorst · Wenn sich die meisten auf den Feierabend freuen, geht die Arbeit in dem Vorster Restaurant erst los. Die WZ blickte hinter die Kulissen.

David Lünger (2. v. r.) mit seinem Team des Tafelsilber in Vorst, zu dem auch Lars Steinwender (3. v. l.) und Dennis Richwald (4. v. l.) gehören.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Wenn im Büro oder in Geschäften Menschen um 15 Uhr auf ihre Uhr schauen und den Feierabend schon in greifbarer Nähe sehen, dann beginnt für das Servicepersonal im Restaurant Tafelsilber der Arbeitstag. Denn alles muss vorbereitet sein, wenn die ersten Gäste eintreffen, um hier eine schöne und genussvolle Zeit zu verbringen. Dennis Richwald ist einer der Mitarbeiter von Restaurantbesitzer David Lünger, die dafür sorgen möchten.

Richwald ist seit Ende vergangenen Jahres im Restaurant beschäftigt. Er hat Restaurantfachmann gelernt. Eher aus einer Verlegenheit heraus, da er nach der Schule – die besuchte er in Sachsen­ ­– keine Lehrstelle fand. „Das Fachabitur hätte ich im Zuge des Berufspflichtjahrs nur an der Abendschule machen können. Das wollte ich nicht“, erinnert sich der 39-Jährige. Und so blieb nur Probearbeiten in zwei Restaurants. Und eines passte. Über Hessen und Niedersachsen ist er nun an der Landstraße zwischen Vorst und Anrath gelandet. „Ich bin jetzt seit über 25 Jahren im Beruf, noch einer von der alten Schule“, sagt er.

Wenn er und seine Kollegen kommen, dann werden zunächst die Stühle von den Tischen genommen, die Tische nochmal abgewischt und eingedeckt. Drinnen wie draußen – wenn das Wetter es zulässt. „Dann sehe ich nach, ob es Reservierungen gibt oder besondere Veranstaltungen“, so Richwald. Für letztere wird mit Tischdecke und Stoffserviette eingedeckt. Der Restaurantfachmann kennt acht verschiedene Varianten fürs Falten. Ist eine besondere Deko vom Kunden gewünscht, so wird damit gearbeitet. Für die „normalen“ Gäste gibt es Platzsets und Papierservietten. „Das Besteck wird an der Breite des Stuhls ausgerichtet“, sagt Richwald. Das Besteck für den Hauptgang, ein Wein- und ein Wasserglas stehen bereits auf dem Tisch, wenn der Gast Platz nimmt.

Dieser wird schon am Eingang begrüßt, entweder von Restaurantleiter Karsten Otten oder einem anderen Team-Mitglied. „Das Schöne bei uns ist, dass jeder alles macht. Es werden keine Tische zugeteilt. Jeder springt da ein, wo es nötig ist“, sagt Richwald. Bedient wird im schwarzen Dress mit einer ebenfalls schwarzen Schürze, die mit dem Restaurantlogo verziert ist. Eine sogenannte Handserviette kommt nur beim Tragen von heißen Tellern zum Einsatz. Fünf „normale“ Teller kann der 39-Jährige auf einmal transportieren. Doch die gibt es im Tafelsilber eher nicht. Die länglichen für den Hauptgang seien schwieriger auszubalancieren. „Da sind drei normal für uns.“

Und wie ist es mit den Gästen? Erkennt man komplizierte Kunden schon direkt? Nicht immer, so Richwalds Erfahrung. Manchmal seien vermeintlich schwer zufriedenzustellende Gäste sehr nett. Oder zunächst leutselige erwiesen sich als kompliziert. Doch das sei sehr selten. Früher habe man die Menschen besser einschätzen können, schon allein wegen ihres Auftretens und der Kleidung. Danach könne man heute nicht mehr gehen. „Lächeln und im Geiste winken“, nennt Richwald als Mittel gegenüber Unfreundlichkeit. Zudem seien die Gedanken ja frei. Das Lächeln habe er vor dem Spiegel geübt, damit es in jeder Lage sitzt. Denn auch wenn der Restaurantfachmann mal Kopfschmerzen hat oder selbst schlechte Laune, so darf der Gast das nicht spüren. Nicht geändert habe sich das Trinkgeldverhalten. Dieses Geld wird in Vorst gesammelt und am Ende des Monats unter allen Mitarbeitern verteilt.

Wer diesen Beruf ergreift, sagt Richmann, der müsse sich genau im Klaren sein, dass die Arbeitszeiten andere sind, als bei den meisten Berufen. Gerade am Wochenende und an den Feiertagen sei im Gaststättengewerbe Einsatz erforderlich. Weshalb er es als angenehm empfindet, dass montags und dienstags Ruhetag ist. Und auch mit der Anfangszeit von 15 Uhr käme er gut zurecht.

Als Sous-Chef ist man
Mädchen für alles

Das Thema Arbeitszeit sieht auch Lars Steinwender als Knackpunkt, wenn man sich für den Beruf als Koch entscheidet. Er arbeitet von 13 bis 22 Uhr. Seine Ausbildung hat er 1996 gemacht. Der 39-Jährige ist seit März 2017 Sous-Chef im Tafelsilber. Er kommt aus Nettetal, hat schon in Restaurants und Hotels gearbeitet und sie teils auch geleitet. Unter anderem in Österreich. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Zunächst habe er gar nicht an die Arbeitszeiten gedacht. „Aber ich habe mich daran gewöhnt.“ Und jetzt, wo er eine Familie hat, sei es auch eine bewusste Entscheidung gewesen, nicht mehr eine Küche zu leiten. „Man muss sich zu 100 Prozent Gedanken machen, ob man sich für die Sache engagieren will. Wenn man das nicht tut, bleibt man auf der Strecke.“ So Steinwenders Warnung. „Ich bin seit 23 Jahren mit Spaß und Freude dabei.“

Zudem gehe es im Tafelsilber sehr familiär zu, was ihm gut gefalle. Dass auf gleichbleibende Qualität geachtet wird, sei ihm wichtig. „Als Sous-Chef bin ich ein Mädchen für alles“, umschreibt er seine Position. In der Küche wird mit einer sogenannten kleinen Brigade gearbeitet. Also einem Entremetier (Beilagenkoch), Rotisseur (Fleischposten), Saucier (Saucen) und Patissier (Desserts). Neben seiner Position als Sous-Chef ist Lars Steinwender noch für die Zubereitung der süßen Sachen in der Küche zuständig. Er springt aber auch ein, wenn jemand im Service ausfällt. Sollte es Probleme mit einem Gericht geben, so ist er zur Stelle, um nachzufragen, was der Gast bemängelt. „Aber das kommt ganz selten vor.“ Und wenn doch, dann kann man mit ganz kleinen Dingen viel bewirken – einem Dessert, Kaffee oder ähnlichem.“