Aktion in Schiefbahn Tanzen für die Integration
Schiefbahn · (jbu) „Einige der Kinder sind heute richtig aufgeblüht. Zuerst waren sie ganz schüchtern, aber jetzt machen sie alles toll mit“ – Kevin Haigen, künstlerischer und pädagogischer Leiter des Bundesjugendballetts, war glücklich mit dem Ergebnis: Zum siebten Mal seit 2014 waren die jungen Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie aus Hamburg zu einem besonderen Workshop in die Peter Bäumges-Halle nach Schiefbahn gekommen.
Ballettmeister Raymond Hilbert und die acht jungen Tänzer (alle Anfang 20) erarbeiteten eine halbstündige Aufführung mit den Kindern aus den Integrativen Gruppen des TV Schiefbahn. In den Integrativen Gruppen sind Kinder mit und ohne Einschränkungen gemeinsam aktiv, ein Teil der Sportler sind in verschiedensten Formen körperlich oder geistig eingeschränkt oder in ihrer Entwicklung verzögert.
„Liebe und Frieden – das war das Thema heute“, beschreibt Haigen. Die Tanzcompagnie-Mitglieder erarbeiteten mit den Schiefbahner Kindern und Jugendlichen eine gemeinsame Choreografie: Sie integrierten die Kinder in Teile einer Tanz-Aufführung, die die „Profis“ sonst bei ihren Auftritten zeigen. Dabei war es schon spannend zu beobachten, wie die Kinder und Jugendlichen in Schiefbahn auf die Musikstücke reagierten – das Ballett tanzt zu Stücken von Bach, Ravel oder eigenen Kompositionen. Die Nicht-Profis reagierten auch emotional auf diese für sie doch ungewöhnliche Musik: Sie wirkten entspannt, gelassen und waren von den tänzerischen Bewegungen begeistert. „Kunst zu leben ist auch für diese Kinder wichtig. Bei den Integrativen Gruppen geht es um Liebe, Respekt und Toleranz“, so Haigen.
Die Tänzer wurden in Teilen von Live-Musik und Gesang begleitet: Der musikalische Leiter Jay Gummert (Holzbläser-Spezialist) und Sängerin Caroline Bruker waren in diesem Jahr erstmalig dabei. „Alles passiert hier spontan, die Kinder sind entspannt“, meinte Gummert. Und Caroline Bruker ergänzte: „Es berührt die Seele, alle sind sehr freundlich“.
Um halb zehn am Samstag hatte der Workshop begonnen, um 17 Uhr konnten Eltern und Großeltern die gemeinsame Leistung von Profi- und Laientänzern sehen. Das Publikum erlebte eine eindrucksvolle Aufführung, bei der spürbar wurde, wie sich beide Gruppen an diesem Tag zusammengefunden hatten. „Wir wollen nicht die Augen begeistern, sondern das Herz berühren“, beschrieb Haigen das Ziel – und das erreichten alle gemeinsam. Einige der Kinder wagten sich sogar an kurze eigene Darbietungen vor der ganzen Gruppe.
Eine Besonderheit in diesem Jahr: Einige der Kinder, die in den Integrativen Gruppen und bei diesem Workshop mitmachten, sind erst seit kurzem in Willich: Sie sind als Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. „Wir hatten vor Jahren Besucher aus Tschernobyl bei unseren Gruppen, und einige haben sich an uns erinnert. Wir haben die Kinder gerne bei uns aufgenommen, und sie können auch unser ganz normales Sportangebot nutzen“, so Stephan Adomeitis, einer der Betreuer der Integrativen Gruppen. Er war glücklich, dass nach der Corona-Pause dieser Tag wieder stattfinden konnte und dass die Kinder eine unglaubliche Freude an diesem Angebot hatten.
Das von John Neumeier gegründete Bundesjugendballett ist in Hamburg verankert. Es bietet immer vier jungen Tänzerinnen und vier jungen Tänzern die Möglichkeit, nach ihrer Ausbildung über zwei Jahre in der unkonventionellen Compagnie Erfahrungen zu sammeln. Sie stehen auf klassischen Bühnen, suchen aber auch bewusst ungewöhnliche Spielstätten auf, um für die Kunstform Tanz zu begeistern: ob in Kirchen, Museen, Seniorenheimen, Gefängnissen oder psychiatrischen Kliniken. Der Kontakt zum TV Schiefbahn war vor einigen Jahren entstanden, als die Integrativen Gruppen einen Preis für Kinderschutz erhalten hatten.