Uhrendoktor fehlt oft Zeit
Bernard Faas steht mit seiner mobilen Werkstatt auf Wochenmärkten.
Schiefbahn. „Das waren noch Zeiten, als die Zeit noch mein Freund war…“, sagt und lächelt dabei Bernard Faas - meint damit, dass er mit seinen 57 Jahren auch schon etwas in die Jahre gekommen sei. Mit der Zeit hat der Schiefbahner jedenfalls auch beruflich zu tun: Bernard Faas ist vielen Kunden nur als der „Uhrendoktor“ bekannt. Mit seiner mobilen Werkstatt und dem Uhrenladen ist er ständig mit seinem weißen Mercedes Sprinter auf den Wochenmärkten unterwegs.
„Ich bräuchte von mittwochs bis sonntags eigentlich noch mehr Zeit“, äußert inmitten der Kundengespräche auf dem Willicher Wochenmarkt der Reparateur und Verkäufer der Zeitanzeiger. Soeben hat eine Kundin ihm ihre Uhr zur Reparatur gegeben: „Sie sind meine letzte Hoffnung, in einigen Fachgeschäften habe ich zu hören bekommen, dass dieses Erbstück nicht mehr zu retten sei.“ Faas nimmt Auftrag und Uhr an, will sich darum in Ruhe in seinen Schiefbahner Werkräumen kümmern.
Montags und dienstags hat er Zeit, daheim die Kundenwünsche zu erledigen. Ansonsten hat er einen engen Zeitplan: mittwochs und samstags findet man ihn auf dem Trödelmarkt an der Mönchengladbacher Trabrennbahn, donnerstags und freitags auf den Märkten in Willich und Neersen und an den Sonntagen im Wechsel in Hilden, Ratingen und Düsseldorf.
Seit etwa acht Jahren sorgt der gelernte Industriekaufmann dafür, die Instrumente der Zeit wieder stimmig zu machen. Vorher hatte der gebürtige Lothringer einen Weinhandel, der mit der Zeit nicht mehr rentabel war. Davor war er viele Jahre für den industriellen Einkauf zuständig. 2003 lernte er einen Uhrmachermeister und Restaurator kennen, der ihn mit den Arbeiten vertraut und er sich selbst im Laufe der Zeit immer fachkundiger machte. Wobei ihm sein handwerkliches Geschick in Haus, Garten und Freizeit von Nutzen war. So ist er zum Beispiel ein begeisterter Motorradfahrer und weiß, wo es hakt, wenn der Motor seiner Maschine mal ins Stottern kommt.
„Schön wäre es schon, wenn die Kunden ein bisschen mehr Zeit mitbringen würden“, spricht Bernard Faas die Ungeduld so mancher Uhrenliebhaber an. Mittlerweile kennt er allerdings seine „Pappenheimer“ - und sie ihn: sein Kundenstamm steigt kontinuierlich. Mittendrin geht auf dem Willicher Wochenmarkt sein Handy. „Ich habe gerade eine neue Uhr bekommen und komme mit dem Chronographen überhaupt nicht klar“, meint am anderen Ende der Leitung ein Willicher.
Auch dies wird etwa eine Stunde später an Ort und Stelle erledigt. Wie unter anderem neben dem Verkauf der Batteriewechsel, die Kürzung von Armbändern, Gläsererneuerung, Dichtigkeitsprüfungen oder die Reinigung der kleinen Uhrwerke zu seinem täglichen Geschäft gehören. Auch kümmert er sich um die Restauration antiker Wand- und Standuhren.
Mehr freie Zeit zu haben ist natürlich der Wunsch des Rockmusik- und Frankreich-Liebhabers. Schon jetzt freut er sich auf eine Radtour, die er im August mit Ehefrau Birgit und Freunden entlang der Loire unternehmen wird. Zwischendurch ist Bernard Faas noch 2. Vorsitzender des Schiefbahner Fußballclubs SC 08 und hält seit Jahrzehnten in der ersten Reihe den Kontakt des Vereins mit dem französischen Club aus Linselles aufrecht.