Willich Was wurde aus dem Igelmörder?
Ein Verdächtiger wurde ermittelt — verurteilt wurde der Viersener wegen anderer Taten.
Willich. Vielen kommt immer noch der Ekel hoch, wenn sie an die grässlichen Bilder aus dem Jahr 2013 in Willich denken. Immer und immer wieder waren tote Igel gefunden worden, die bestialisch gequält worden waren. Der Täter hatte die Tiere bei lebendigem Leib angesteckt. Insgesamt 15 Fälle zwischen August und Oktober waren aktenkundig geworden. Die possierlichen Tiere waren meist in Mülleimern auf Spielplätzen gefunden worden. Was ist aus den polizeilichen Ermittlungen geworden?
Axel Stahl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Krefeld, zu der Frage, warum die Quälerei an den Igeln in WiIllich nie angeklagt wurde.
Um es vorweg zu nehmen: Der mögliche Täter wurde, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, vom Amtsgericht in Viersen wegen Tierquälerei verurteilt. Allerdings nicht, weil er die Igel angezündet hatte, sondern wegen anderer Taten.
Der Reihe nach: Die Polizei hatte einen 32-jährigen Verdächtigen aus Viersen ausfindig gemacht und auch dessen Wohnung durchsucht. Was den Vorwurf der Tierquälerei anging, wurden die Ermittler fündig. Sie stießen auf Videos, auf denen der Mann Meerschweinchen und Kaninchen quälte. Das geschah unter anderem dadurch, dass er ein Tier an den Ohren hochhob. Das Meerschweinchen quiekte jämmerlich.
Nicht fündig wurden die Ermittler allerdings, was das Verbrennen der Igel anging. Allerdings hörten die furchtbaren Taten auf, nachdem die Polizisten dem Verdächtigen so nahe gekommen waren. An sich seien die Beamten sicher gewesen, dass es sich bei dem Viersener um den „Igel-Töter“ handelte. Hier hat es nach WZ-Informationen von der Staatsanwaltschaft die Anweisung gegeben, diesen Verdacht nicht zu veröffentlichen. Zudem habe der Mann diese Taten immer abgestritten.
„Dazu reichten die Beweise einfach nicht“, erklärte Axel Stahl, Sprecher der Krefelder Staatsanwaltschaft auf Nachfrage der Westdeutschen Zeitung. Er bestätigte zudem, dass das Verfahren gegen den 32-Jährigen für den Sachverhalt der Igel-Tötungen eingestellt worden sei.
Robin Kinzler, Verteidiger des wegen Tierquälerei Verurteilten aus Viersen.
Angeklagt wurde der Mann trotzdem. Durch die Ermittlungen wurde die Polizei auf die bereits geschilderten Fälle der Tierquälerei aufmerksam. Er habe unter Drogeneinfluss gestanden, rechtfertigte sich der Viersener. „Er war schwer Amphetamin abhängig, hat fünf Tage am Stück nicht geschlafen“, erklärte auch sein Strafverteidiger Robin Kinzler gegenüber der „Bildzeitung“. Sein Mandant habe sich nicht mehr klar an die Ereignisse erinnern können.
Im Mai vergangenen Jahres war Prozessauftakt. Dabei wurden auch Gewalt verherrlichende Fotografien erwähnt, die die Polizei sichergestellt hatte. Auf diesen hatte der Angeklagte autobiografische Notizen geschrieben. Die wiederum deuteten darauf hin, dass der Mann in seiner Kindheit mehrfach von seinem Vater misshandelt worden war.
Die weiteren Vorwürfe waren ebenfalls derb: So hatte der Mann seiner damaligen Freundin die Tiere geschenkt, die er dann quälte. Diese Gemengelage führte dazu, dass die Richterin sich nicht in der Lage sah, nach zweistündiger Verhandlung bereits ein Urteil zu fällen. Sie ordnete ein psychologisches Gutachten an, um die Schuldfähigkeit zu klären.
Der Prozess wurde zunächst auf den 28. September vertagt. An diesem Datum fiel das Verfahren aber offenbar aus. Erst am 21. Oktober, unbemerkt von der Öffentlichkeit, fiel das Urteil: Der Viersener wurde zu 60 Tagessätzen verurteilt. Er ist damit nicht vorbestraft.
Mittlerweile, so hieß es, habe er sogar wieder einen Job. „Das war ein abgekürztes Urteil“; sagt Jan-Philip Schreiber, Pressesprecher des Gerichts in Mönchengladbach. Heißt: Es war schnell rechtskräftig. Strafmildernd sei berücksichtigt worden, dass der Viersener geständig und zuvor nie straffällig geworden und er wegen der Drogen vermindert schuldfähig gewesen sei. Verschärfend sei gewertet worden, dass die Tiere besonders wehrlos gewesen seien.