Vierbeiniger Helfer Lenny aus Willich hat Asperger-Autismus: Familie spart für Therapiehund

Willich · Der achtjährige Lenny Pricken aus Willich hat Asperger-Autismus. Mit einem Assistenzhund ist ihm im Alltag vorher Undenkbares gelungen - diese kosten allerdings fast 30.000 Euro.

Andrea und Ingo Pricken mit Lenny und dem zehnjährigen Hund Lucky. Die Familie wünscht sich einen echten Therapiehund – der kostet 28.000 Euro.

Foto: Kurt Lübke

Wenn Lucky auf Lenny zuläuft, leuchten zwei Kinderaugen. Der kleine Cavalier-King-Charles-Spaniel ist aber für den achtjährigen Jungen mehr als ein vierbeiniger Freund. „Über Lucky können wir auf Lenny einwirken. Wenn er morgens zum Beispiel nicht aufstehen will, kommen wir nicht an ihn heran. Wir nutzen dann Lucky, der zu ihm ins Bett geht, und ihn motiviert aufzustehen. Tiere sind für unseren Sohn ein Zugang“, erzählt Andrea Pricken. Zugang zu Lenny zu finden, stellt unter anderem ein großes Problem dar. Der Sohn von Andrea und Ingo Pricken ist an Asberger-Autismus erkrankt.

Die Diagnose wurde bereits in seinem zweiten Lebensjahr gestellt. Der Willicher Familie, die bereits einen Sohn hat, fiel nach dem ersten Lebensjahr auf, dass Lennys Entwicklung stark verzögert verlief. Er zeigte stereotypes Verhalten und begann, äußerst sensibel auf Sinneseindrücke zu reagieren. Diagnose: Asperger-Autismus.

In der Schule ist Lenny auf einen Integrationshelfer angewiesen

Die Auswirkungen dieser Erkrankung sind vielschichtig und bestimmen das Familienleben. In der Schule – Lenny besucht die zweite Klasse der Schiefbahner Hubertusschule – steht ihm ein Integrationshelfer zur Seite. Es gibt unzählige Alltagssituationen, die für den Achtjährigen eine Ausnahmesituation darstellen. Seine Reaktion besteht aus Angst, die sich zur Panik steigert und in einer Fluchttendenz endet. Lenny erträgt auch keine körperliche Nähe. Das Aufstellen auf dem Schulhof ist unter anderem für ihn ein Problem. Er beobachtet andere Kinder beim Spielen neugierig, spielt aber nicht mit, weil ihn die Reize überfluten und er die Flucht ergreift.

„Wir haben unseren Sohn schon mehrmals mit der ganzen Familie und Freunden verzweifelt gesucht, weil er einfach aus dem Haus gegangen ist, ohne dass es jemand bemerkt hat. Er hat kein Gefahrenbewusstsein. Was an Straßen wiederum bedeutet, dass er sie einfach überquert, ohne auf den Verkehr zu achten“, berichtet Andrea Pricken.

Als der Pflegehund Lucky in die Familie kam, stellten die Prickens fest, wie positiv Lenny auf den Hund reagierte. Wobei Lucky bereits zehn Jahre alt, taub und herzkrank ist. „Wir haben dann erfahren, dass es spezielle Begleithunde für autistische Menschen gibt“, sagt Ingo Pricken. Diese Hunde erhalten eine Therapiehundegrundausbildung und werden danach speziell auf den jeweiligen Menschen weiter ausgebildet. Bei den Recherchen über Assistenzhunde, wie die Vierbeiner genannt werden, stießen die Prickens auf den Verein Patronus-Assistenzhunde in Mecklenburg-Vorpommern. Sie nahmen Kontakt auf und fuhren in den Herbstferien mit Lenny nach Mönchhagen bei Rostock, wo das Unternehmen, das Assistenzhunde für die verschiedenen Krankheitsbilder ausbildet, zuhause ist.

Hund macht es dem Kind möglich, unter Menschen zu gehen

Dort lernte Lenny eine Hündin namens Dori kennen. Mit der anderthalbjährigen Labrador-Hündin waren für die Familie Dinge umsetzbar, die sie nicht für möglich gehalten hätten. „Ich war am Anfang skeptisch, was einen Begleithund angeht“, erinnert sich Ingo Pricken. In Rostock legte er seine Zweifel, was ein solcher Hund bei seinem Sohn bewirken kann, ab. „Wir sind mit Lenny durch Menschenmengen gegangen und haben ein Café besucht. Das wäre ohne Dori nie möglich gewesen. Mit Dori hat Lenny geschafft, das für andere Kinder kein Problem ist. Für uns aber war es ein Wunder“, sagt Andrea Pricken.

Lenny sprach dank Dori mehr und konnte mit den Außenreizen, die ständig auf ihn einwirken, dank des Hundes um ein Vielfaches besser umgehen. Für sie und ihren Mann stand nach dem Besuch in Mönchhagen fest, dass sie sich einen Assistenzhund für Lenny wünschen. Der Hund schlägt für Lenny eine Brücke in die normale Welt und würde zudem auf ihn mit aufpassen, wenn er sich draußen bewegt, da ein ausgebildeter Hund unter anderem an Straßen stehenbleibt und Lenny so zum Halten zwingen würde.

Die Kosten für einen ausgebildeten Assistenzhund, wobei die Ausbildung über zwei Jahre läuft, liegen bei rund 28.000 Euro. Obwohl die therapeutischen Erfolge solcher Hunde nachgewiesen werden können und sie für die betroffenen Menschen eine Hilfe im Alltag darstellen, übernehmen Krankenkassen die Kosten für einen Assistenzhund nicht. Lediglich Blindenhunde werden über die Kassen finanziert. Vor diesem Hintergrund haben die Prickens über den Verein Patronus-Assistenzhunde ein Konto für Lenny eingerichtet. Die ganze Familie hofft nun auf Unterstützung, wobei Andrea und Ingo Pricken schon etliche Institutionen angeschrieben und um Hilfe gebeten haben. „Wir hoffen sehr, dass wir das Geld für einen Assistenzhund zusammenbekommen. Für Lenny ist ein solcher Hund eine Chance für mehr Integration“, sagt Andrea Pricken.