Willich/Tönisvorst: Volltreffer und voll daneben
Mit ihren Vorhersagen für das Jahr 2008 landeten Albert Schwarz und Josef Heyes vor einem Jahr nicht immer im Ziel.
Willich/Tönisvorst. Es gibt Momente, da verlangt die Westdeutsche Zeitung Ihnen, liebe Leser, viel ab. Am 3. Januar des Jahres 2009 war so ein Moment. Da blickte Ihre Tageszeitung in die Zukunft, genau ein Jahr weit, in den Januar 2010. Um dann von dieser Warte aus einen Rückblick auf das Jahr 2009 machen zu können. Das ja eigentlich erst angefangen hatte. Das taten wir mit den Bürgermeistern der Städte Tönisvorst und Willich, Albert Schwarz und Josef Heyes. Und weil das Ganze ja in Wirklichkeit eine Prognose war, schreit sie förmlich danach, nun überprüft zu werden. Sprich: Wir gehen der Frage nach, wie gut der Blick der beiden Promis in die Zukunft war.
Albert Schwarz sprach - unwissentlich - die Wahrheit: Am 20. Oktober habe er seinen letzten Arbeitstag gehabt und die Übergabe habe hervorragend geklappt. Hier spielte der Mann auf den Großen Zapfenstreich an, den die Verwaltung ihm zum Abschied geschenkt hatte. Chapeaux, Herr Schwarz, gut in die Zukunft geguckt. Obwohl er vom Zapfenstreich doch nun wirklich nichts wissen konnte.
Eher zurückhaltend hatte er sich bei der Beurteilung der Kommunalwahl verhalten: Das alles liege so weit zurück, dass es ihm egal sei. Es habe sich nicht viel geändert. Und schon gar nicht festlegen wollte er sich auf seinen Nachfolger, sprach lieber von Goleho, was ein Gemisch aus Goßen, Leuchtenberg und Hoechtlen war - die drei Kandidaten. Dass er dann Recht behält, kann ja wirklich nicht verwundern.
Ganz und gar falsch lag er bei seiner Prognose für die Wahl des Landrates. Lothar Vauth habe für sich, den Karneval und die Kanzlei gute Werbung gemacht. Soweit ganz ok. Aber: Nachdem er knapp verloren habe, sei Vauth nun Vize-Landrat. Völlig daneben, Herr Schwarz.
Klar war der Alt-Bürgermeister in seiner Prognose, dass die TSG Hoffenheim nicht Meister würde. Fatalistisch hatte er auf die Bayern getippt, daneben. Immerhin, sein Daumen drücken für die Borussia hatte geholfen - von wegen Fahrstuhlmannschaft.
Was stimmt: Man sieht ihn beim Walken im Forstwald. Dafür hat er Zeit, ebenso wie für seinen Garten. Aber der geplante Rückzug ins Private gelang denn doch nicht hundertprozentig: Als ein Nachfolger für Lothar Vauth als Vorsitzender des Roten Kreuzes gesucht wurde, musste er einspringen. Das war nicht vorherzusehen.
Was er aber sah, war die Wahlprognose für seinen Amtsbruder aus Willich, Josef Heyes: Schwarz gratulierte ihm zu 89 Prozent. So viel waren’s nicht, aber die Richtung war ziemlich gut - wie denn auch seine Gesamtnote in diesem Spiel.
Unsere Zeitreise wechselt die Person und den Ort: Was hat Josef Heyes, damals wie heute Willicher Bürgermeister, gesagt? Der hatte sich gewehrt, gegen eine Beurteilung der Wahlen. "Nein, die werde ich nicht kommentieren." Hier von Feigheit zu reden, wäre fies und viel zu gemein. Von Aberglaube schon eher, was man ihm nicht verdenken kann. Immerhin lobte Josef Heyes noch die hohe Wahlbeteiligung bei Europa- und Kommunalwahl. Das war daneben. Aber, zur Wirtschaft sagte er wörtlich: "Das Jahr ist besser gelaufen als befürchtet." Stimmt, auch in Willich hatten die Menschen keinen Bock auf Krise.
Jetzt zur Fußball-Vorhersage: Hier verzeichnet die Statistik für Willichs Ersten Bürger eine Spannbreite zwischen "voll daneben" und "Volltreffer". Josef Heyes hatte doch glatt den Bayern zur Meisterschaft gratuliert. Da war nix, garnix. Aber wahrscheinlich hat ihn das Scheitern der Millionen-Truppe trotzdem mit viel heimlicher Freude erfüllt. Echt dagegen war die Freude über den Klassenerhalt der Borussia aus Mönchengladbach. Und ebenso authentisch ist nach wie vor die Freude über sein neues Fahrrad.
"Super", kommentierte er seinerzeit die Entwicklung der Schlossfestspiele. Es gehe wieder bergauf. Nicht zuletzt habe das Wetter mitgespielt. Wieder mal Recht gehabt, Josef Heyes. Auch wenn’s dann doch nicht die erhofften Besucher-Rekorde wurden.
Zum Schluss der Ausblick: auf die Feierlichkeiten in Anrath zum 1000-jährigen Bestehen des Stadtteils. Die Freude darauf, von Josef Heyes schon vor zwölf Monaten geahnt, ist nun ganz nah. Wenn Sie, liebe Leser, diese Zeilen vor sich haben, können Sie bereits das Anrather Millennium-Bier trinken. Was sagt uns das alles über die seherischen Fähigkeiten des Willicher Bürgermeisters? Viel, der Mann weiß, wovon er redet. Und falls doch mal nicht, macht er’s mit Optimismus wett. So gut wie der Tönisvorster Alt-Bürgermeister war er allemal, oder?