Zugführer: Abschied nach 40 Jahren

Theo Heyes wird 60 Jahre alt. Damit wechselt er in die Ehrenabteilung des Löschzugs Willich.

Willich. Was genau am nächsten Freitag auf ihn zukommt, weiß Theo Heyes noch nicht: „Die Kameraden sagen ja nichts. Klar ist nur, dass ich am Abend offiziell in die Ehrenabteilung überstellt werde.“

Für den Feuerwehrmann ein wichtiger Schritt, denn ein Lebensabschnitt geht damit für ihn zu Ende: Seit Mai 1971 ist er Aktiver beim Löschzug Willich, den er seit Januar 1996 auch anführt. Damit ist es am 25. Februar vorbei. Vier Tage vorher wird Brandinspektor Theo Heyes 60 Jahre alt.

Schon sein Vater war Mitglied des Willicher Löschzugs, hat es bis zum Oberfeuerwehrmann gebracht. „Unser Bauernhof lag mitten im Ort, gleich um die Ecke von der Feuerwache am Kaiserplatz“, erinnert sich Heyes. Als Kind sei er deshalb häufiger mit zum Feuerwehrhaus gegangen. „Nur zwei Fahrzeuge und ein Krankenwagen standen damals dort. Willich war halt noch sehr ländlich geprägt.“

Wenn sein Vater von Einsätzen berichtete, hörte der kleine Theo aufmerksam zu. Er ließ sich von der Begeisterung an dem Ehrenamt anstecken und trat selbst dem Löschzug bei. Die Kameradschaft dort sei groß — generationsübergreifend: „Da lernen die Einen von den Anderen. Auch ich selbst bleibe so im Kopf noch jung.“

Immer einfach sei der Job aber nicht. Das geht schon bei den Sprüchen los, die man sich bei Einsätzen manchmal anhören müsse. „Wann kommt denn die richtige Feuerwehr?“, heißt es beispielsweise. „Unsere Arbeit ist genauso gut wie die der Berufsfeuerwehrleute“, hält Heyes dem entgegen und erinnert an unzählige Übungen und Lehrgänge. Mit dem Unterschied, dass die Freiwilligen für ihre manchmal gefährlichen Einsätze kein Geld bekommen — und im Betrieb noch böse Blicke ernten, wenn sie mal wieder der Piepser in die Feuerwache ruft.

In den 70er Jahren hatte der Löschzug im Dorf noch wenig zu tun. Mit dem Willicher Wachstum, neuen Wohn- und Gewerbegebieten hat sich das geändert: Etwa 180 Mal im Jahr muss die Feuerwehr ausrücken. Wobei Brände immer seltener werden: Scheunen mit offen gelagertem Stroh gebe es kaum noch, berichtet Heyes, der selbst Landwirt ist. Auch die Brandschutz-Einrichtungen der Handwerksbetriebe seien immer besser geworden.

Statt Flammen zu löschen, müssen die Wehrleute heute regelmäßig sogenannte „Jahrhundert-Hochwasser“ bekämpfen oder Sturmschäden beseitigen. Auch bei Unfällen ist der Löschzug oft im Einsatz — sogar auf der Autobahn 44. Was man dabei erlebe, bleibe oft über Jahre im Kopf, sagt Heyes.

Er selbst erinnert sich noch ganz genau an seinen ersten Brandtoten. Oder an das Kind, das von einem Betonpfosten erschlagen wurde: „Wenn ich davon rede, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut.“ Wer in seien frühen Feuerwehr-Jahren nach solchen Einsätzen weinen musste, sei von Kameraden noch als „Weichei“ tituliert worden. Heute nehme man sich gegenseitig in den Arm. Wenn notwendig, sei für eine psychologische Betreuung gesorgt.

Die war in 40 Feuerwehr-Jahren zum Glück nur selten notwendig. Es gab sogar viele heitere Begebenheiten, so etwa, als sechs Entenküken an der Ritterstraße aus einem Regenrohr gerettet werden mussten. Oder der flammneue Eierkocher auf eine Kochplatte gesetzt worden war und deshalb in Brand geriet.

Künftig wird Theo Heyes zu Hause bleiben, wenn der Piepser geht: Nur Sohn Thomas, der die Feuerwehr-Tradition im Haus fortsetzt, muss dann raus. Sein Vater kann sich derweil auf schöne Ausflüge mit der Ehrenabteilung freuen. Ziele sind zum Beispiel die Mosel und die Insel Norderney — das weiß Theo Heyes schon ganz genau.