Eisenzeitliche Siedlung Siedlungsreste locken Besucher an

Vorst. · Archäologen haben ihre Funde zwischen dem Kieswerk und der Butzenstraße in Vorst für Interessierte ausgestellt.

Bei Ausgrabungen haben Archäologen Reste einer eisenzeitlichen Siedlung entdeckt.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Auch wenn nicht viel zu sehen war und es außerdem ausgiebig regnete, ließen es sich am Dienstagnachmittag viele neugierige Nachbarn oder Archäologie-Interessierte nicht nehmen, zur Grabungsbesichtigung nach Vorst zu kommen. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hatte eingeladen, genauer die Außenstelle Xanten des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Der Grund: Bei den Ausgrabungen in einer künftigen Auskiesungsfläche haben die Archäologen und Archäologinnen eine späteisenzeitliche Siedlung aus dem 3. bis 2. Jahrhundert vor Christus entdeckt. Derartige Fundplätze sind am unteren Niederrhein selten.

In einem Zelt neben dem Grabungsfeld haben die LVR-Archäologen eine Karte aufgestellt, in der die Funde eingetragen sind. Für einen Laien sind die farbigen Punkte kaum zu lesen. Das kundige Auge der Experten entdeckt Gruben, aus denen Lehm für Keramiken entnommen wurde und später mit Abfällen verfüllt wurden. Durch Verfärbungen im Boden lassen sich die Pfosten der ehemaligen Häuser und Vorratsscheunen entdecken, aus der Anordnung ein Grundriss erahnen. Auf dem Gelände wurde ein Brunnen entdeckt, der wichtig für die Wasserversorgung der Siedlung war. Es war eine offene Siedlung ohne Graben und Wall, was auf eine friedliche Zeit schließen lässt. In der Außenstelle Titz gibt es einen Nachbau eines eisenzeitlichen Gehöfts, wie es für die Kelten typisch war. Archäologin Julia Rücker hält auch den aktuellen Fund für die Bodenreste eines keltischen Gehöfts, aber die Festlegung auf Ethnien in dieser Zeit ist schwierig.

Diese Verfärbungen im Boden weisen auf einen einstigen Brunnen hin.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Die Archäologen haben schon vermutet, hier mehr zu finden. Bereits beim Bau der Butzenstraße 1985 wurden einige Gruben aus der Eisenzeit gefunden. Als die Kiesgrube, die seit 1967 vor Ort ist, erweitert werden sollte, wurden 2015 verschiedene Grabungsschnitte (Suchschnitte, 20 mal drei Meter) unternommen, es folgte im Herbst 2016 eine flächige Ausgrabung. Dabei wurde ein mittelalterlicher (13./14. Jahrhundert) Teich angeschnitten und eine römische Grube gefunden.

Die Knochenfunde der Gegend sind nur schlecht erhalten

Den Archäologen ist klar, so Kerstin Kraus, dass in dieser Gegend seit der Bronzezeit immer wieder Menschen gesiedelt haben, weil der Boden der Kempener Platte sehr fruchtbar ist. Da der Löß vor Ort sehr sauer ist, werden Knochen im Erdreich angegriffen. Die Knochenfunde sind dann heute schlecht erhalten. Nur aufgrund der Funde weiß man, wie die Menschen damals lebten. In solch einer Gehöftgruppe lebten meist Großfamilien mit 25 bis 30 Menschen. Die Wohnhäuser teilten sich Menschen und wertvolle Tiere, die zudem für Wärme sorgten. In der Eisenzeit wurde zuerst Spelzgerste angebaut, aus dem Mehl wurden flache Fladenbrote gebacken. In dieser Zeit wurde auch bereits Bier gebraut. In der Späteisenzeit wurde auch getöpfert und gewebt. In Vorst wurde jetzt auch ein kleines Fragment eines blauen Glasarmringes gefunden, der wohl aus einer regionalen Werkstatt stammt.

Auf dem Grabungsfeld wurde auch ein Brandgrab entdeckt, das früher als die Siedlung datiert wird. Die Menschen haben ihre Toten damals verbrannt und in Urnen aus Keramik bestattet. Von dem, was das LVR-Team präsentiert, wird im nächsten Jahr nichts mehr zu sehen sein. Die Flächen, auf denen der LVR jetzt und im Herbst weiter nördlich gräbt, brauchen nicht mehr rekultiviert zu werden. Das Holcim-Kieswerk geht dann in diese Flächen, wie Werksleiter Markus Botschen informiert. Bis 2047 wird dort gebaggert, peu à peu entsteht dort ein 42 Hektar großer See. 400 000 bis 450 000 Tonnen Kies werden im Jahr in Vorst gewonnen – dank eines Altrheinarmes, der dort vor Tausenden Jahren einmal floss. hb