NRW Kriminalstatistik 2017: Weniger Einbrüche, mehr Sexualstraftaten

Die Zahl der Straftaten in NRW ist rückläufig - und Innenminister Reul verkündet stolz: „Nordrhein-Westfalen ist sicherer geworden.“ Es gibt aber auch Schattenseiten bei der Kriminalitätsentwicklung.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, stellt die Kriminalitätsstatistik für 2017 vor.

Foto: Caroline Seidel

Düsseldorf. Weniger Wohnungseinbrüche, weniger Diebstahl, aber mehr Sexualstraftaten und eine relativ hohe Jugendkriminalität - die Kriminalstatistik für Nordrhein-Westfalen weist Licht und Schatten aus. So ist die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten 2017 um 6,5 Prozent auf gut 1,37 Millionen zurückgegangen. Gleichzeitig sei mit der auf 52,3 Prozent gestiegenen Aufklärungsquote der beste Wert seit 1959 erreicht worden, teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch mit. Gut 475.000 Tatverdächtige konnten ermittelt werden - das sind allerdings 3,9 Prozent weniger als 2016.

„Nordrhein-Westfalen ist nachweisbar sicherer geworden“, erklärte Reul. Auch die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, sei geringer geworden. Insgesamt habe die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft aber zugenommen. Und die gefühlte Sicherheit der Menschen auf den Straßen sei auch nicht besser geworden, obwohl deutliche Rückgänge etwa bei Taschendiebstahl (-19 Prozent), Autoklau (-13 Prozent) und Fahrraddiebstahl (-8,5 Prozent) verzeichnet worden seien. Allerdings werden nur die wenigsten dieser Delikte aufgeklärt, weil die Opfer sie oft erst spät bemerken - wenn die Täter längst über alle Berge sind.

Besonders deutlich ist der Rückgang bei den Wohnungseinbrüchen. Hier sank die Zahl um ein Viertel (25,7 Prozent) auf gut 39.000. Bei fast der Hälfte blieb es beim Versuch. Zwar stieg die Aufklärungsquote auf 16,7 Prozent - laut Reul ist das aber „noch nicht zufriedenstellend“. Als einen Grund für den Rückgang sieht der Minister, dass die sogenannte Balkanroute inzwischen geschlossen sei und damit auch reisende Banden aus Südosteuropa schwerer nach Deutschland kämen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nennt als Gründe auch die personelle Aufstockung der Behörden, verstärkte Kontrollen und abschreckende Strafen.

Rund ein Drittel der Straftaten geht laut Reul auf das Konto von Mehrfachtätern, die wiederum nur rund ein Fünftel der Tatverdächtigen insgesamt ausmachten. Bei schweren Delikten wie Mord und Totschlag gab es mit 373 Fällen kaum eine Veränderung zum Vorjahr. In diesem Bereich ist die Aufklärungsquote mit 96 Prozent besonders hoch, weil es sich oft um Beziehungstaten handele. Auf einen 30-Jahrestiefstand von fast 550.000 sank die Gesamtzahl der Diebstahldelikte. Das waren rund 86.000 weniger als noch 2016.

Die Schattenseite der Statistik zeigt einen relativen Zuwachs bei der Jugendkriminalität und einen Anstieg bei Sexualstraftaten um rund 2500 auf fast 12.900 Delikte. Reul begründete den Anstieg auch mit der Verschärfung des Sexualstrafrechts, wonach auch Beleidigungen und Grapschen inzwischen strafbar seien.

Knapp ein Drittel der Tatverdächtigen (32 Prozent) hatte laut Reul keinen deutschen Pass. Damit sei der Anteil der Ausländer an Straftaten gemessen am Bevölkerungsanteil überproportional hoch. Bei Sexualdelikten mache ihr Anteil etwa 37 Prozent aus. Bei Wohnungseinbrüchen seien es sogar 46 Prozent und bei Taschendiebstahl 77 Prozent. Grund sei, dass in diesem Bereich oft organisierte Banden am Werk seien. Der Anteil von Asylbewerbern und Flüchtlingen an den Tatverdächtigen liege dagegen nur bei 8,7 Prozent und sei weiter rückläufig.

Sorge bereitet Reul die Clan-Kriminalität vor allem in Ruhrgebietsstädten. Türkische oder libanesische Clans „manifestieren ihre vermeintlichen Gebietsansprüche nach außen“, erklärte der Minister. „Die Polizei sagt kriminellen Clans den Kampf an.“ Insgesamt setze die NRW-Polizei bei der Bekämpfung von Kriminalität auf eine „Null-Toleranz-Strategie“ und ein konsequentes Vorgehen auch bei Bagatelldelikten.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte mehr Personal und eine bessere technische Ausstattung der Polizei etwa mit Laptops oder Tablet-Computern direkt in den Einsatzfahrzeugen. Kriminalität müsse vor Ort bekämpft werden. „Polizei muss sichtbar sein.“ Und: NRW brauche auch Studien zur Dunkelziffer bei Straftaten. dpa