Wahl in NRW CDU und Grüne Gewinner der NRW-Landtagswahl - Schlappe für FDP
Düsseldorf · Für Ministerpräsident Hendrik Wüst ist es ein Erfolg, für SPD und FDP eine Enttäuschung: Die Wahl im einwohnerstärksten Bundesland galt als erster großer Stimmungstest seit der Bundestagswahl. Und sie birgt einige Überraschungen - auch für die Regierungspartner in Berlin.
Die CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst hat die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewonnen. Ihr bisheriger Koalitionspartner FDP erlitt hingegen schwere Verluste, sie musste nach den Hochrechnungen am Sonntagabend sogar um den Wiedereinzug in den Landtag zittern. Die SPD mit Spitzenkandidat Thomas Kutschaty landete mit einem historisch schlechten Ergebnis auf dem zweiten Platz. Die Grünen erzielten ein Rekordergebnis, sie dürften bei der Regierungsbildung zum entscheidenden Faktor werden.
Die seit fünf Jahren regierende schwarz-gelbe Koalition hat keine Mehrheit mehr. Denkbar wäre jetzt unter anderem ein schwarz-grünes Bündnis oder Wüst erklärte: „Die Menschen haben uns ganz klar zur stärksten Kraft gemacht. Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen.“
Kutschaty könnte aber auch versuchen, als Zweitplatzierter ein Ampel-Bündnis mit Grünen und FDP nach dem Vorbild im Bund zu schmieden - sofern die FDP wieder in den Landtag einzieht. Unter Umständen könnte es auch knapp für Rot-Grün reichen. Kutschaty sagte am Abend: „Wir werden uns Gesprächen nicht verschließen.“
In den 19.00-Uhr-Hochrechnungen kommt die CDU auf 35,3 bis 35,5 Prozent (2017: 33,0). Die SPD erreicht 27,3 bis 27,5 Prozent (2017: 31,2). Drittstärkste Kraft werden die Grünen, die 17,9 bis 18,3 Prozent einfahren und damit ihr Ergebnis von 2017 quasi verdreifachen (2017: 6,4 Prozent). Die FDP bricht so stark ein wie noch nie bei einer NRW-Landtagswahl und erzielt nur noch 5,0 bis 5,5 Prozent (2017: 12,6). Die AfD verschlechtert sich auf 5,6 bis 5,7 Prozent (2017: 7,4.). Die Linke scheitert erneut auch in NRW, sie kommt nur noch auf 2,0 bis 2,2 Prozent (2017: 4,9).
Nach den Hochrechnungen bekommt die CDU im neuen Landtag 76 bis 77 Sitze (2017: 72). Die SPD erhält 59 bis 60 Mandate (2017: 69). Die Grünen kommen auf 39 bis 40 Sitze (2017: 14), die FDP auf 11 bis 12 (2017: 28). Die AfD zieht mit 12 Abgeordneten in den Landtag ein (2017: 16).
Die Abstimmung im bevölkerungsreichsten Bundesland gilt als „kleine Bundestagswahl“ und wichtiger Stimmungstest für die Bundespolitik, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den neuen CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz. Wahlberechtigt waren 13 Millionen Bürger, etwa ein Fünftel aller Wahlberechtigten in Deutschland.
Für die Sozialdemokraten dürfte der Wahlausgang eine Enttäuschung sein, hatten sie doch auf Sieg gesetzt - knapp acht Monate nach der Bundestagswahl und sieben Wochen nach ihrem Triumph im Saarland. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte jedoch, er sei nicht unzufrieden. Er sprach von der Chance auf einen Regierungswechsel. Schwarz-Gelb sei klar abgewählt.
Rückenwind bedeutet das Ergebnis für die CDU und Parteichef Merz. „Die Menschen haben uns ganz klar zur stärksten Kraft gemacht. Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen“, schrieb Merz am Abend auf Twitter. «Die CDU ist zurück, unser nach vorn gerichteter Kurs wurde bestätigt.»
FDP-Bundesvize Johannes Vogel sprach von einer schweren Niederlage. Für die Bundes-FDP, die Teil der regierenden Ampel-Koalition ist, bedeute dies: „Wir sollten auf keinen Fall weniger mutig werden.“
Grüne und FDP hatten sich im Wahlkampf alle Bündnisoptionen offengehalten. Die Grünen machten aber deutlich, dass sie eine Zweierkoalition bevorzugen. Mit ihrem starken Ergebnis dürften sie die „Königsmacher´" werden. Ihre Spitzenkandidatin Mona Neubaur erklärte, ihre Partei wolle mitregieren und dort „endlich eine Politik auf Höhe der Zeit machen“. Sie sprach von einem Vertrauensvorschuss und lobte den Rückenwind aus Berlin. Die Grünen-Politiker in der Bundesregierung hätten „Haltung und Kompass“ in Krisenzeiten unter Beweis gestellt.
Für die CDU ist es der zweite Erfolg nach dem haushohen Wahlsieg in Schleswig-Holstein, der die Serie von Niederlagen im Bund und in mehreren Ländern vor einer Woche beendet hatte. In Kiel strebt Ministerpräsident Daniel Günther nun eine Fortsetzung der seit 2017 regierenden Jamaika-Koalition an, obwohl die CDU auch mit Zweierbündnissen eine sichere Mehrheit hätte.
Wüst hatte das Amt des Regierungschefs erst im Oktober 2021 von Armin Laschet übernommen, der bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat der Union gescheitert war. Laschet trat in der Folge auch als CDU-Bundesvorsitzender zurück. Merz stammt ebenfalls aus NRW, er hatte Wüst im Wahlkampf engagiert unterstützt. Der 46-jährige Wüst begann seine Karriere als Generalsekretär der NRW-CDU, 2010 trat er infolge einer Affäre zurück und wurde später Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Zeitungsverlegerverbands. 2017 wurde er dann unter Laschet Landesverkehrsminister.
Als „Stammland“ der Sozialdemokratie gilt NRW schon lange nicht mehr. CDU und SPD wechselten sich in den vergangenen Wahlperioden an der Regierung ab, seit 2005 hat kein Regierungsbündnis länger als sieben Jahre durchgehalten. Der heutige SPD-Partei- und Fraktionschef Kutschaty war bis 2017 Landesjustizminister in der rot-grünen Koalition. Unter der Führung des 53-Jährigen rutscht die SPD jetzt noch unter das Ergebnis von 2017, das schon damals mit 31,2 Prozent einen historischen Tiefstand markierte.
Die AfD, vor einer Woche in Schleswig-Holstein erstmals wieder aus einem Landtag rausgeflogen, erleidet auch in NRW Verluste und schafft es wohl knapp in den Landtag. Die Linke, seit zehn Jahren nicht mehr im Landtag vertreten und 2017 nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde-gescheitert, bleibt draußen.