Alleinerziehende kämpft gegen Klischee
Nicole Fabisiak hat einen dreijährigen Sohn und macht eine Ausbildung zur Verkäuferin.
Für junge Eltern ist es schwierig, Berufsausbildung und Kindererziehung unter einen Hut zu bekommen. Ein großes Hindernis war bis vor kurzem die Existenzsicherung, da Auszubildende ihre Vergütung nicht aufstocken konnten, also von Arbeitslosengeld-II-Leistungen ausgeschlossen waren. „Mit dem neunten SGB II-Änderungsgesetz ist es seit dem 1. August für junge Menschen möglich, aufstockende Leistungen vom Jobcenter zu bekommen. Dann entscheiden sie sich eher für eine Ausbildung“, sagt Karima Boutelis, Beauftragte für Chancengleichheit, bei einer Zusammenkunft im Rewe-Center an der Ottostraße.
Wegen ihres inzwischen drei Jahre alten Sohnes Finn hatte Nicole Fabisiak seinerzeit ihre Ausbildung abgebrochen und stattdessen hier und da gejobbt. Doch damit war sie nicht zufrieden. „Ich wollte raus aus dem Klischee, junge Mutter ohne Berufsausbildung’ und damit meinem Kind später ein Vorbild sein“, sagt die 24-Jährige entschlossen.
Jochen Harff, Leiter des Rewe-Marktes Waldnieler Straße, hatte im Gespräch von Fabisiaks Situation erfahren und ihr das Modell der Teilzeitberufsausbildung vorgeschlagen. „Die Kriterien für eine Ausbildung waren bei ihr gegeben. Bei der Arbeit hat sich nicht negativ bemerkbar gemacht, dass sie ein Kind hat. Sie hat nur einmal gefehlt, als das Kind Fieber hatte, und dafür hatten wir natürlich Verständnis“, sagt Harff. Fabisiak ist zudem dankbar über die Unterstützung durch ihre Eltern. Bei ihnen wurde der kleine Finn während der Kindergartenferien betreut, als seine Mutter am 1. August ihre Ausbildung zur Verkäuferin begann.
„Wer keine Ausbildung hat, hat ein sehr viel größeres Risiko arbeitslos zu werden. Von den 3700 Alleinerziehenden in Mönchengladbach sind 70 Prozent ohne Berufsausbildung, und Mütterarmut bedeutet Kinderarmut“, stellte Angelika König klar. Die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Bundesagentur für Arbeit Mönchengladbach ist froh, dass über die Teilzeitberufsausbildung Jugendarbeitslosigkeit gesenkt und Arbeitnehmern neue Bewerbergruppen zugeführt werden können.
Um die Möglichkeiten publik zu machen, werben Jobcenter und Arbeitsagenturen bei Arbeitgebern einmal im Jahr mit der bundesweiten Aktion „Einstellungssache! Jobs für Eltern“. Nicole Fabisiak arbeitet 30 Stunden in der Woche, und dank der Unterstützung durch den Arbeitgeber kann sie ihre Arbeitszeit so terminieren, dass diese mit den Betreuungszeiten für das Kind zusammenfallen. Die Arbeitszeit kann auf 20 Stunden verkürzt werden, dann verlängert sich allerdings die Ausbildung um ein Jahr.
Harffs Erfahrung dürfte Arbeitgebern, die noch zögern, Mut machen. Er betont: „So eine junge Mutter hat eine geistige Reife, wie sie eine 16- bis 17-jährige Auszubildende noch nicht haben kann. Das macht es leichter, auszubilden.“