Autorin Jutta Profijt: „Gartenarbeit macht glücklich“
Normalerweise schreibt Jutta Profijt Krimis. Nun hat sie ein Buch über ihre Erlebnisse im Beet veröffentlicht.
Mönchengladbach. Wenn Türschlossenteiser fürs Gewächshaus nötig wird oder vermehrungsfreudige Minze in den Knast kommt, steckt Jutta Profijt dahinter. Krimi- und Frauenroman-Autorin, Hühner- und Bienenvolkbesitzerin und seit 20 Jahren Selbstversorgerin aus dem eigenen Garten.
Seit zwei Jahren ist sie Herrscherin über ein Reich von 100 Quadratmetern Obst- und Gemüsebeeten und 1000 Quadratmetern Streuobstwiese. Ihre Erfahrungen mit Saat und Knollen, mit vorwitzigen Hühnern und tragischen Bienen-Schicksalen hat sie über Monate in einem Internet-Tagebuch (Blog) protokolliert — immer wieder auch selbstironisch und amüsant.
Jetzt ist daraus ihr neuestes Buch entstanden: „Green Blogging — Selbstversorgung zwischen Lust und Frust“, mit Tipps zum Lagern der Apfelernte, zum Herstellen von Sauerkraut oder Ohrwurmnestern als Geburtstagsgeschenk. Im Interview spricht die 47-Jährige über das Gärtnern und seine Faszination.
Es gibt ja einen anhaltenden Boom beim Gärtnern, eine wachsende Zahl von Zeitschriften zum Thema, Zier- und Nutzgärten selbst in dichtest besiedelten Städten und sogar Hobbyimker in Zentren. Was ist da los?
Jutta Profijt: Ich glaube, dass viele Menschen im Garten entschleunigen wollen. Außerdem steigt das Interesse an Lebensmitteln, denen man vertrauen kann, weil man eben weiß, woher sie kommen und wie sie angebaut wurden. Und nicht zuletzt setzt sich immer mehr die wichtigste Erkenntnis durch: Gartenarbeit macht glücklich und bringt, im Gegensatz zum Börsenhandel oder ähnlichen Beschäftigungen, sinnlich erlebbare Erfolge.
Was hat Sie zum Gärtnern gebracht?
Profijt: Vermutlich eine Mischung aus den oben genannten Gründen. Genau weiß ich es nicht mehr, es ist ja schon über 20 Jahre her.
Was ist für Sie so entspannend am Gärtnern?
Profijt: Spannend ist, dass die Natur eben doch oft macht, was sie will. Wo ich Möhren säe, wachsen plötzlich Blumen! Aber ernsthaft: Zu sehen, wie aus einem Samenkorn ein stattlicher Kohlkopf wird, aus dem ich dann Sauerkraut mache, fasziniert mich immer wieder. Jedes Gartenjahr ist anders, ich probiere ständig Neues aus, und seit wir Hühner haben, bin ich diesen Tieren mit Haut und Haar verfallen.
Was mussten Sie tun oder vielleicht sogar aufgeben, um Ihr eigenes Stück Idyll zu finden?
Profijt: Nach der ersten Gartensaison habe ich meine Vollzeitstelle in Hilden aufgegeben und mir eine Vier-Tages-Stelle in Mönchengladbach gesucht, um genug Zeit für meinen Garten zu haben. Das war ein unglaublicher Gewinn an Lebensqualität.
Und jetzt auch noch ein Buch — springen Sie da auf einen Zug auf, der gerade Fahrt hat, oder was war Ihr Antrieb?
Profijt: Das Buch war ja zunächst ein Blog, den ich auf der Seite www.41352-einfach-besser-leben.de schrieb. Dazu hatte man mich quasi genötigt, weil ich unter den Garteninteressierten die meiste Erfahrung hatte. Dass daraus ein Buch wurde, ist eher ein Zufall.
Was ist Ihr wichtigster Tipp für Nachahmer?
Profijt: Wer selbst gärtnert, sollte das konsequent ökologisch tun. Gartenratgeber sind gut, aber am besten sind die eigenen Erfahrungen. Also: Furchtlos ans Werk!
Glauben Sie, dass der Wunsch nach Nähe zur Natur in dieser Form und nach selbst gezogenem Essen, der früher eine Selbstverständlichkeit und Notwendigkeit war, heutzutage ein Luxus ist?
Profijt: Nein. Luxus ist die Tatsache, dass wir in Deutschland von den selbst gezogenen Lebensmitteln nicht abhängig sind. Ist die Ernte ein Misserfolg, muss niemand hungern. Es gibt viele Kleingartenanlagen, es gibt die Gemüse-Selbst-Ernte, die Pflückgemeinschaft und öffentliche Bürgergärten. Wer bereit ist, Zeit zu investieren, kann auch ohne eigenen Garten gärtnern. Man muss sich allerdings aufraffen und die Zeit dafür aufbringen. Und daran hapert es oft am meisten.
Aber Bio ist heute oft teuer oder in preiswerteren Fällen über Tausende Transportkilometer zum Verbraucher unterwegs. . .
Profijt: Durch meinen Garten habe ich gelernt, dass nicht immer alles verfügbar ist. Wer also regional und saisonal isst, ernährt sich ökologischer und preiswerter als mit Bioprodukten vom anderen Ende der Welt. Aktuell kommen zum Beispiel Kopfkohl, Wirsing, Rosenkohl, Grünkohl, Sauerkraut, Kartoffeln, Porree, Möhren, Zwiebeln, Pastinaken, Rote Bete, Kürbis, Äpfel, Walnüsse, Postelein, Chicorée, Feldsalat und Endiviensalate bei uns auf den Tisch.
Was haben das Gärtnern und das Schreiben gemeinsam?
Profijt: Diese Woche habe ich Gemüsepaprika gesät und ein neues Buch begonnen. Beides wird erst im August „erntereif“ — und das auch nur bei konsequenter Pflege. Beides erfordert also Optimismus, Durchhaltewillen und Geduld.