Bäume verhindern Wunschbestattung
Barbara Schmitz möchte nach ihrem Tod im Grab ihrer Eltern beerdigt werden. Doch das wird nicht möglich sein. Der Grund sind ein Ratsbeschluss und Mammutbäume.
Eigentlich war für Barbara Schmitz stets klar: Wenn sie einmal tot ist, wird sie im Grab ihrer Eltern auf dem Hauptfriedhof beerdigt. Die 62-Jährige hatte immer ein inniges Verhältnis zu ihrem Vater und ihrer Mutter. Beide hat sie bis in den altersbedingten Tod begleitet. Nichts steht ihrem letzten Willen entgegen, dachte Barbara Schmitz. Schließlich hatte sie im Jahr 2011 das Nutzungsrecht für die Grabstelle, das bis dahin bis 2028 galt, vorsorglich noch einmal um acht Jahre bis 2036 verlängert.
In ihren Grundfesten erschüttert wurde Barbara Schmitz bei einem Anruf im Friedhofsamt im Herbst vergangenen Jahres. Die 62-Jährige wollte das Nutzungsrecht des Grabes ihrer Tante verlängern, das gleich neben dem ihrer Eltern liegt. Schließlich hatte sie auch zu ihrer Tante ein gutes Verhältnis. Völlig überraschend erfuhr die 62-Jährige, dass eine Verlängerung nicht möglich sei.
Sämtliche Grabstätten auf dem Feld A3 würden nach Auslaufen bestehender Rechte in einen Park umgewandelt, wurde Barbara Schmitz mitgeteilt. Dies sei der erklärte Wille der Friedhofsverwaltung sowie der politischen Entscheidungsträger in der Stadt.
„Meine Mutter hat die Welt nicht mehr verstanden“, berichtet ihr Sohn Martin Schmitz. Das sei auch jetzt noch so, obwohl sich die Situation geändert hat. Denn nach dem jüngsten Ratsbeschluss können die Nutzungsrechte für alle Grabstätten im Feld A3 doch wieder verlängert werden. Beerdigungen sind allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich: Der Tote muss verbrannt werden.
Der Grund: Mammutbäume. Die wurden in den 1960er-Jahren gepflanzt. Seitdem sind die Wurzeln heftig ausgetrieben und ragen bereits in manche Gräber hinein. Bei dem Aushub für einen Sarg würden die Wurzeln beschädigt und die Mammutbäume in ihrer Standsicherheit gefährdet. Also sind auf Feld A3 nur noch Urnenbestattungen gestattet.
Aber Barbara Schmitz möchte nach ihrem Tod nicht verbrannt werden. Sie will wie ihre Eltern erdbestattet werden. Ihr Sohn kann das gut verstehen, und er möchte, dass seine Mutter ihr Persönlichkeitsrecht wahren kann. Er versteht auch nicht, dass es vor dem Ratsbeschluss keine öffentliche gesellschaftliche Debatte gab. Schließlich würden auf dem Hauptfriedhof Teile komplett entwidmet, was so viel heißt, dass einige Gräber komplett wegfallen. „Das hat doch auch etwas mit Totenruhe und Würde zu tun“, sagt der Jurist, „darüber muss man doch reden, bevor so ein Beschluss gefällt wird“. Beim Thema Aschefelder habe es eine leidenschaftliche Diskussion gegeben. Dass Friedhöfe in der Stadt verkleinert und Grabfelder entwidmet oder teilentwidmet werden, damit die Bestattungskosten günstiger werden, sei einfach durchgewinkt worden.
Martin Schmitz hatte nach eigenen Angaben vor dem Ratsbeschluss alle Fraktionen angeschrieben und sein Anliegen dort vorgebracht. „Gemeldet hat sich nur die Linke“, berichtet er. Er findet, dass alle betroffenen Inhaber von Nutzungsrechten vor einer solch einschneidenden Entscheidung hätten informiert werden sollen. „Uns wurde gesagt, wir hätten uns im Ratsinformationssystem erkundigen können. Aber wer macht das?“
Die für Friedhöfe zuständige Stadttochter Mags weist darauf hin, dass das Thema öffentlich in mehreren Sitzungen des Hauptausschusses und im Rat besprochen wurde. Die Vorlagen für die Gremien seien auch auf der Mags-Homepage veröffentlicht. Schriftlich heißt es: „Die Umwidmung tritt erst zum 31. März 2018 in Kraft. Alle betroffenen Nutzungsberechtigten werden zeitnah von uns angeschrieben.“
Sebastian Kieselbach-Peters, bei der Mags zuständig für die Friedhöfe, erklärt, dass allen betroffenen Nutzungsberechtigten angeboten werde, sich eine andere Stelle für einen Beerdigungsfall kostenlos auszusuchen. „Wir stellen auch die Grabsteine auf Wunsch um“, sagt er. Das gelte natürlich auch für Familie Schmitz.
Dass die Mammutbaumallee auf dem Hauptfriedhof bei weiteren Sargbestattungen in bestimmten Bereichen gefährdet sei, belege auch ein Gutachten. Kieselbach-Peters: „Diese Bäume sind in Europa sehr selten. In Form einer Allee erst recht. Wir haben lange abgewogen: Sollen wir weiter Sargbestattungen erlauben oder überwiegt das öffentliche Interesse, die Mammutbaumallee auf zu erhalten.“ Die Bäume seien übrigens ursprünglich auf einem Ausläufer des Parks gepflanzt worden, der Bereich sei erst später zum Friedhof umgewidmet worden. Laut Kieselbach-Peters sollen die entwidmeten Grabfelder nach dem Auslaufen der Nutzungsrechte wieder Grünflächen werden.