Der Platz der Republik schreckt ab

Um das Areal hinter dem Hauptbahnhof machen viele Bürger mit Einbruch der Dunkelheit einen großen Bogen.

Foto: Ilgner

Als das Mädchen „Hilfe, Mama!“ ruft, fährt der Schreck in die Glieder. Und er hinterlässt Eiseskälte im Beinkleid, als Mutter und Kind laut zu lachen anfangen. Eine Blödelei unter Geschwistern, wie sie nirgendwo groß Aufsehen erregen würde. Am Platz der Republik aber schon.

Drogenumschlagplatz. Tatort eines mutmaßlichen Vergewaltigungsfalls einer 15-Jährigen vor einer Woche, wobei in dem Fall Täter wie Opfer vernommen werden müssen. Schauplatz für fragwürdige Bürgerwehr-Aufmärsche. Hort der Finsternis. Wer nicht muss, will hier nicht hin.

Wenn es dunkel wird, dann ist der Platz der Republik wie ein großes Schwarzes Loch mitten in der City, um das Lebendigkeit am liebsten einen Bogen macht. Wer dann doch über das Pflaster eilt, huscht umso schneller weiter, wenn man ihn anspricht. Die Züge fahren kaum hundert Meter entfernt, aber das Quietschen der Gleise, die Ansagen auf den Bahnsteigen klingen kilometerweit weg.

Leuchtreklame von Fast-Food-Buden in der Ferne. Hier funzeln Laternen ein höchstens einen gelben Fleck auf den Boden. Wer etwas in der Handtasche sucht, braucht eine Taschenlampe. Das Gesicht eines Jugendlichen wird gespenstisch vom Display seines Smartphones angeleuchtet, als er eine SMS schreibt. Hier und da fällt Licht aus einem Klassenraum des Berufskollegs und schneidet ein kleines Sichtfenster in die Finsternis.

Nach Schulschluss aber, spät abends oder am Wochenende, dann führt der Weg vom Hinterausgang des Hauptbahnhofs zum Vitusbad durch eine beklemmende Finsternis. Selbst die Schule hat ihr Areal sorgsam hinter Gittern verbarrikadiert und schließt die Tore ab, wenn keiner da ist.

Die Junge Union fordert Videoüberwachung am Platz der Republik. Man müsse Maßnahmen ergreifen, um Täter abzuschrecken und zu identifizieren, findet etwa Ratsherr Martin Heinen. Aber was sollen Kameras denn filmen, wenn man nichts sehen kann?

Es dauert nicht mehr lang, bis sich das ändern soll, sagt die Stadt. Im Frühjahr soll der Bau einer Radstation mit 666 Plätzen hinterm Bahnhof beginnen, im Spätsommer soll sie fertig sein, sagt Stadtsprecher Wolfgang Speen. Später als geplant, aber immerhin. Das Geld vom Land ist da. Aber auch das ganze Areal soll sich verändern. „Der Platz der Republik wird im Rahmenplan City Ost überplant“, sagt Speen. Wer den Hauptbahnhof verlässt, soll sich sicher fühlen. Sich gut orientieren können. Ein gepflegtes Erscheinungsbild vorfinden. Der Verkehr soll anders gelenkt werden. Taxistände, Fernbushaltestellen. Mehr Menschen, mehr Leben. Also alles das, was der Platz der Republik derzeit nicht bietet. „Die Überplanung wird aber längerfristiger dauern“, sagt Speen.

Doch auch kurzfristig soll sich dort etwas tun. Wenn es darum geht, neuralgische Punkte sicherer zu machen, müsste man tätig werden, sagt Speen: „Wir werden jetzt überprüfen, ob wir den Platz der Republik im Dunkeln anders beleuchten können.“ Ein Lichtblick.