Doppelmord-Prozess: Staatsanwalt fordert Höchststrafe

Über drei Monate dauerte der Prozess, am Dienstag gab es die Plädoyers im Verfahren gegen Erol P.

Mönchengladbach. Nach über drei Monaten Prozessdauer hat es am Dienstag die Plädoyers im Doppelmord Verfahren gegen Erol P. (39) gegeben. Staatsanwalt Stefan Lingens forderte die höchste im deutschen Strafprozess vorstellbare Strafe gegen P., der mit kahl rasiertem Schädel auf der Anklagebank kauerte und ununterbrochen weinte.

Sollte das Gericht dem folgen, bliebe Erol P. bis ins hohe Alter in Haft. Für den Staatsanwalt gab es nicht die geringsten Zweifel, dass Erol P. seine Frau (36) und seine Tochter (18) nach einem Sorgerechtstermin auf offener Straße mit Kopfschüssen getötet hat.

Lediglich den Vorwurf, Erol P. habe versucht, seinen Sohn zu ermorden, ließ der Ankläger fallen. Für ihn steht jedoch fest, dass P. seine Schwägerin vergewaltigt und dabei mit Bissen im Intimbereich schwer verletzt hat.

Für die Verteidiger Rainer Pohlen und Gerd Meister kommt dagegen nur eine Verurteilung wegen Totschlags, nicht aber wegen Mordes in Frage. "Da Erol P. seine Familie oft genug bedroht hat, hätte sie mit einem Übergriff rechnen müssen und sei nicht arglos gewesen", so kalte juristische Schlussfolgerung.

Den Vorwurf der Vergewaltigung seiner Schwägerin sahen die Verteidiger als nicht bewiesen an. Das angebliche Opfer habe vor Gericht eine "typisch südländisch-hysterische Darbietung" geboten, die nicht glaubwürdig gewesen sei, so Gerd Meister. Die Verteidigung setzt alles daran, die Verurteilung wegen Vergewaltigung zu umgehen, weil daran die mögliche Sicherungsverwahrung hängt.

Rechtsanwältin Gülsen Celebi, die eine Schwägerin der Getöteten als Nebenklägerin vor Gericht vertritt, reagierte entsetzt. "Damit hat der Kollege den Bogen überspannt. Es gibt gewisse Regeln, an die man sich halten soll. Einen Zeugen, der völlig glaubwürdig hier aussagt, so zu bezeichnen, geht eindeutig zu weit."

Ermittlungen in den eigenen Reihen der Justiz verliefen derweil ergebnislos. Der Fall hatte einen Justizskandal ausgelöst: Weil gegen Erol P. zur Tatzeit bereits ein Haftbefehl vorlag, auf den die Anwältin seiner Frau, Celebi, die Justiz hingewiesen hatte. Bei einem Sorgerechtstermin wurde P. jedoch nicht verhaftet. Minuten später geschah die Tat.

Gewaltschutz: Wie gestern bekannt wurde, hatte Anwältin Gülsen Celebi vor dem Familiengericht am Tat-Tag Gewaltschutz für Rukyie und Derya P. gefordert. Erol P. hätte sich den zwei Frauen dann nicht mehr nähern dürfen. Der Familienrichter sah jedoch keinen Grund für eine sofortigen, derartigen Beschluss.

Ablauf: Nach der Sorgerechtsverhandlung, bei der Erol P. trotz offenen Haftbefehls nicht verhaftet wird, fährt er zur Wohnung seiner Ex-Frau an der Frankenstraße. Dort erschießt er seine Frau und seine Tochter mit gezielten Kopfschüssen. Eine Stunde nach der Tat stellt sich Erol P. der Polizei in Viersen.