Ein Grabraum für Borussen-Fans
Die neue Grabeskirche an der Keplerstraße feiert bald Eröffnung.
Er hatte die „wichtigste Mitteilung des Jahres 2016“ zu verkünden. „Die schönste Grabeskirche der Welt wird an Christi Himmelfahrt eröffnet“, sagte Pfarrer Klaus Hurtz. Die außergewöhnlichste ist sie auf jeden Fall. Denn in der neuen Grabeskirche an der Keplerstraße, die jetzt Trostraum St. Josef heißt, gibt es in der Nordkapelle einen Begräbnisraum für Borussen-Fans — in den Vereinsfarben Schwarz, Weiß und Grün gehalten. „Alle anderen Bundesliga-Clubs gucken jetzt ganz neidisch in die Keplerstraße“, frohlockte Klaus Hurtz. Damit sich Besucher der Nordkapelle heimisch fühlen, stehen die Urnenschränke — anders als im Haupt- und in den Seitenschiffen — tribünenartig angeordnet eng an eng. „Wie in der Nordkurve“, sagte der Pfarrer. Drei Grabkammern sind bereits vorgemerkt worden — alle drei von Frauen.
Anfang September 2014 war die Kirche St. Josef entwidmet worden. Die Umwandlung in eine Grabeskirche war die einzige Möglichkeit, das mehr als 100 Jahre alte Gebäude mitten im Wohngebiet zu retten. Drei Kirchen befinden sich in der Rheydter Innenstadt in nächster Nähe zueinander. Es war klar, dass eine nicht gehalten werden konnte. Eine Million Euro wurde in die Instandsetzung des Kirchturms gesteckt, 600 000 Euro flossen in die Sanierung der Fassade. 2,5 Millionen Euro hat die Gemeinde als Darlehen aufgenommen. „Am Ende werden wir 4,1 Millionen Euro investiert haben“, sagte Pfarrer Hurtz. Durch den Verkauf der Urnenkammern wird Geld hereinkommen. Um die 3000 Euro — je nach Ruhezeit und Lage innerhalb der Grabeskirche — kostet ein Platz.
Der Mönchengladbacher Architekt Burkhard Schrammen ist verantwortlich für den Umbau der Kirche. Er hat die Farbigkeit der Kirchenfenster aufgenommen und die Glasplatten der Urnenkammern im Haupt- und in den Seitenschiffen in Rot- und Blautönen gehalten. Wie mit einem dicken Pinsel zügig aufgewischt wirken die Farben — leicht und heiter. Tröstlich.
Tröstlich wirkt im Grunde der gesamte Kirchenraum: klare Strukturen, beruhigende Sichtachsen, behutsame Gliederungen. Nichts stört. Rechtzeitig zur Eröffnung soll die Lichtinstallation fertig sein, die den Chorraum wie ein Lettner vom Kirchenschiff abtrennen wird. 43 Lichtröhren werden vertikal so hängen, dass ein Hindurchschreiten möglich ist — allerdings mit Vorsicht. „Bei der geringsten Berührung beginnen die Röhren zu schwingen“, sagte der Architekt.
Gestern wurde in der Grabeskirche und im Außenbereich noch heftig gewerkelt. „Das sieht noch etwas wüst aus“, sagte Pfarrer Hurtz, „aber zur Eröffnung am Donnerstag wird alles fertig und schön sein.“ Die frühere Haupttreppe zur Kirche wurde durch eine neue ersetzt. „Wir haben die Stufen so angeordnet, dass sie zum Sitzen und Verweilen einladen“, sagte Burkhard Schrammen. Er nennt sie die „spanische Treppe“. In den Beeten rund um das Kirchengebäude werden Hortensien gesetzt, die bis in den Herbst hinein mit ihren Blüten erfreuen werden. Und da, wo einst die Südkapelle stand, die im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurde, hat der Architekt einen eisernen Kubus gesetzt. Darin befinden sich die sanitären Einrichtungen, eine Wasserstation, ein Regal für Blumenvasen und die Technik.
Von den 4500 Grabkammern — ein Drittel davon für Borussen-Fans — sind bisher 150 vergeben. Kurz nach der Eröffnung werden die ersten Bestattungen im Trostraum St. Josef durchgeführt. An Christi Himmelfahrt, 5. Mai, beginnt um 10 Uhr ein Gottesdienst, anschließend geht’s zur Grabeskirche St. Josef.