Gladbach offenbart sich als Job-Motor
Es entstanden mehr Arbeitsplätze als in vergleichbaren Städten der Region.
Man kann die stille Genugtuung, mit der Wirtschaftsförderer Ulrich Schückhaus diese Grafik gestern vorzeigte, bestens verstehen. In so vielen Ranglisten zu Wirtschaftsdaten war Mönchengladbach in den vergangenen Jahren mit Wuppertal, Duisburg und Castrop-Rauxel auf Augenhöhe — und das hieß allzu oft auf Grasnarbenhöhe. Nun also dies: Beim Blick auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seit 2006 liegt Gladbach in der Region vorn. Sogar noch knapp vorm Rhein-Kreis Neuss. Das zeigt die Dynamik der vergangenen Jahre. Denn der Rhein-Kreis profitiert wegen der größeren Nähe zu Düsseldorf viel stärker von Unternehmen, die die Nähe zur Landeshauptstadt suchen, als Mönchengladbach.
Das hat zwei Gründe. Wer ganz unten ist, hat besonders viel Luft nach oben. 2006 gab es in der Stadt nicht einmal 80 000 Festangestellte, das etwa gleich große Krefeld hatte über 1500 mehr. Zehn Jahre später hat Gladbach 7000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als Krefeld. Und das liegt am zweiten Grund: Gladbach hat in Serie richtig dicke Fische ans Land gezogen. Der Regiopark ist unter anderem dank Esprit, Zalando und DHL fast voll. Santander ist gewachsen. Und hat im Nordpark viele und spannende Nachbarn. Denn das Gladbacher Wachstum ist nicht nur ein quantitatives, sondern auch qualitatives.
Und das hat Gladbach in eine andere Liga geführt. Inzwischen können Investoren — wie jüngst im Nordpark bewiesen — auch im großen Stile bauen, ohne schon vorab den größten Teil der Flächen vermietet zu haben. In dem Gebäude arbeiten jetzt 400 Mitarbeiter der französischen Teleperformance. „Eine besonders spannende Ansiedlung“ ist das für Schückhaus wohl auch deswegen, weil sie den Weg weist, wie die Wirtschaft in der Stadt trotz anderer Ausgangslage wachsen kann.
Ulrich Schückhaus von der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach
Denn die Gewerbeflächen gehen der Stadt aus. Deutlich über 100 000 Quadratmeter Fläche wie in den vergangenen fünf Jahren wird die Wirtschaftsförderungsgesellschaft mittelfristig nicht weiter verkaufen können. „Wir müssen jetzt schon Anfragen ablehnen, weil wir keine geeigneten Flächen mehr haben“, berichtet Schückhaus. Und bis in Hardt/Mackenstein das nächste große Gewerbegebiet entwickelt ist, werden noch Jahre vergehen.
Doch Büroflächen entstehen gerade an vielen Stellen, zum Beispiel an der Bleichweise. Und das Segment, das die Wirtschaftsförderungsförderung mit denen bedienen kann, ist ein besonders interessantes, auf dem die Stadt erste Erfolge vorzuweisen hat. Der Online-Handel nimmt an Bedeutung weiter zu. „Ebay ist überrascht von dem Erfolg des Pilotprojekts in Gladbach“, so Schückhaus. In 74 Ländern wurde von Gladbach aus bisher ausgeliefert; die Händler werden im Schnitt deswegen am Ende des Jahres 90 000 Euro mehr Umsatz haben als zuvor. Software-Schmieden, Call-Center, die Entwickler innovativer Geschäftsideen — ihnen will die Stadt ein Zuhause bieten. Das geht nicht nur auf großen Flächen am Rande der Stadt, sondern im Zweifel auch mittendrin. Dass Wirtschaftsförderung mehr meint als die Ansiedlung neuer Firmen und den Verkauf von Fläche zeigte Schückhaus gestern bei seiner Jahresbilanz an zwei Beispielen. Der Kauf des Karstadt-Gebäudes in Rheydt habe nicht nur Arbeitsplätze gerettet, sondern auch den Rheydter Marktplatz als Schlüssel für die Entwicklung des Stadtteils gestärkt. Beim Thema Breitbandausbau schiebt die Wirtschaftsförderung kräftig mit — denn langsame Leitungen erschweren vielen Unternehmen im Stadtgebiet ihre Arbeit.