Ein Stück, eine Frau, vier Rollen
Premiere: In „Peepshow“ spielt Jennifer Kornprobst alle Rollen selbst. Nicht immer gelingt es ihr, die Figuren zu differenzieren.
Mönchengladbach. Das Stück hat was. Gleich am Anfang wird die entscheidende Frage gestellt: "Was, wenn ich meiner Sehnsucht folgen würde? Wie weit könnte ich gehen?" Die junge Frau erzählt wild durcheinander von Erlebnissen, über die sonst nicht so frei gesprochen wird: Wie ein Mann ihr durch die Nacht folgt, Stunde um Stunde. Wie sie es genießt, sein Begehren zu spüren.
Doch das Durcheinander hat System. Klug fügen sich die Szenen unter der Regie von Julia Kunert wie Mosaiksteine zu einem Bild. Die Lehrerin kommt zu Wort, der Mann, der Wolf. Schildern die Szenen aus ihrer Sicht, was dem Mosaik Tiefe gibt. Alle diese Rollen - inklusive der jungen Frau - werden gespielt von Jennifer Kornprobst. Das macht Sinn, denn diese Figuren könnten Teil ihrer selbst sein. Doch es gelingt Kornprobst nicht immer, diese Figuren ausreichend zu differenzieren.
Der Mann ist zwar erkenntlich, er wird kenntlich gemacht durch Licht und Kostüm. Wenn sie die männliche Tonalität nicht trifft, stört das leicht. Schlimmer ist es im Fall der Lehrerin.
Es dauert, bis sie die klar herausgearbeitet hat, und man die beiden mühelos unterscheiden kann, die kindliche Frau scheint ihr einfach näher, als die reife Frau.
Die Lehrerin ist krass. Sie hält eine Wunde offen, die sie an den letzten Menschen erinnert, der sie berührt und verletzt hat, ihr letzter Liebhaber. Sie verlangt von der jungen Frau, sie solle sie mit der Rasierklinge verletzten. Das legt den Verdacht nahe, dass man nicht weit kommt, wenn man seiner Sehnsucht folgt. Dass es kein Sein hinter dem Schein gibt. Der Schein alles Sein ist, was es geben kann.
Dieser Verdacht wird verstärkt, weil in dieser Inszenierung die junge Frau von ihren Erlebnissen zwar sehr lebendig, aber doch neutral erzählt. So, als wären sie keine Bereicherung für ihr Leben. Eine rein persönliche, keineswegs zwingende Entscheidung, denn ihr jeweiliges Gegenüber respektiert sie, auch der Wolf, auch der Sadist, lassen sie körperlich unversehrt. Dass sie von ihnen nicht bekommt, was sie will, dass sie nicht geliebt wird, stellt ihren Weg nicht in Frage.