Einzelhandel auf dem Weg zum E-Commerce
Der Verein Next MG und die Wirtschaftsförderung informierten über Chancen der Digitalisierung.
Die Digitalisierung ist ein branchenübergreifendes Thema. Ob Wirtschaft, Bildung oder Forschung, überall wird von der digitalen Transformation gesprochen. Ist das ein Schreckgespenst, eine Abkehr vom Menschlichen oder vielleicht eine hilfreiche Unterstützung und Chance?
Solche Fragen waren Kernthema beim „Meet Up“ im Alberto Concept Store in der Mönchengladbacher Innenstadt, zu dem der Verein Next MG und die Wirtschaftsförderung WFMG eingeladen hatten. Der Veranstaltungsort wurde aus gutem Grund ausgewählt, denn das Geschäft des Gladbacher Hosenspezialisten ist ein Paradebeispiel dafür, wie Tradition, Moderne und Zukunft miteinander verschmelzen können.
Patrick Lanowy, Shop-Manager im Alberto Concept Store
Das Mönchengladbacher Familienunternehmen stellt seit 1922 hochwertige Hosen her, die es weltweit vertreibt. Vor eineinhalb Jahren eröffnete der Shop nahe dem Alten Markt. „Wir zählen etwa 8000 Kunden pro Jahr. Genau richtig, um jeden Kunden noch einen persönlichen Service bieten zu können“, sagt Patrick Lanowy, Shop-Manager.
Den Schritt in die Digitalisierung hat Alberto bereits geschafft. Auf der Homepage hat der Kunde mehrere Möglichkeiten: er kann sich die verschiedenen Hosenmodelle anschauen und wenn er möchte, wird er zum Onlineshop weitergeleitet. Dem Kunden wird auf der Homepage aber auch der Besuch im Concept Store oder bei einem Vertragshändler angeboten. Der Kunde hat die Wahl — das ist ein zentraler Punkt. „Wir sind trotz Digitalisierung weiterhin ein großer Fan vom klassischen Einzelhandel“, erzählt Lanowy. „Dieses ,Mensch zu Mensch’-Gefühl ist sehr wichtig. Digitalisierung ist für uns kein Ersatz dafür, aber eine nützliche Hilfe.“
Einen Ausblick darauf, wie die Digitalisierung dem lokalen Einzelhändlern nützen könnte, gab Christopher Neugebauer, Geschäftsführer der Agentur „Resolvr“. Die Agentur unterstützt kleine Händler dabei, ihren Weg in den E-Commerce zu finden. So haben sie bei dem Aufbau der Online-Plattform „Babafresh“ geholfen, die sich auf türkische Lebensmittelhändler spezialisiert hat. Der Kunde hat die Möglichkeit, online bei seinem türkischen Lieblingshändler einzukaufen Er wird aber vielleicht auch auf einen Händler aufmerksam, den er noch nicht kennt. „Viele der türkischen Händler hatten, bis sie uns kennengelernt hatten, gar keine digitale Warenwirtschaft. Alles wurde handschriftlich auf Zetteln vermerkt“, erinnert sich der Agentur-Chef. Eine andere Möglichkeit für die Zukunft des Einzelhandels präsentiert Luigi Stella von „Takelocal“. Das Unternehmen möchte den Einkaufsbummel digitalisieren: Einzelhändler lassen ihr Ladenlokal mit einer 360-Grad-Kamera fotografieren, die hochwertige Panorama-Aufnahmen liefert. Das Ergebnis ist im Internet abrufbar, so dass Kunden von zu Hause aus durch den virtuellen Laden bummeln können. Die Artikel können angeklickt und online gekauft werden. Stella ist Feuer und Flamme für seine Idee und sieht den Weg in die Digitalisierung und die damit verbundene virtuelle Realität als unaufhaltsamen Prozess.
Ist die Digitalisierung etwas Beängstigendes? Rolf Krichel vom Kunsthaus Krichel ist unter den Gästen und hat die Vorträge und Diskussionen interessiert verfolgt. „Ich bin mit dem Handel groß geworden, wir führen das Kunsthaus nun in der vierten Generation“, erzählt Krichel. „Für mich ist Menschlichkeit wichtig, deswegen können wir das Szenario, bei dem Kunden ihre Ware nur noch in Packboxen und nicht mehr im Geschäft abholen, hoffentlich noch ein wenig hinauszögern.“ Trotzdem hat sich auch das Kunsthaus Krichel der Zeit angepasst und betreibt einen eigenen Ebay-Shop. „Es bringt ja nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss sich der Zeit anpassen.“ Traurig wäre Krichel darüber, wenn das Sterben des Einzelhandels in den Innenstädten weiter ginge. Ob die Digitalisierung auch für dieses Problem eine Lösung bereit hält, bleibt abzuwarten.