Engagement: Ein Pferde-Opa bekommt sein verdientes Gnadenbrot

Moritz ist eines der bekanntesten Pferde der Stadt – und eines der frechsten. Sein Besitzer ist längst tot. Aber liebe Menschen kümmern sich um den ungewöhnlich alten Moritz.

Mönchengladbach. Wenn Moritz die Trommeln einer Musikparade hört, hebt er den Kopf und spitzt die Ohren. Manchmal wiehert der braune Wallach aufgeregt oder galoppiert über die Weide. Es scheint, als würde er sich an frühere Zeiten erinnern, als er bei Schützenfesten durch die Straßen trabte.

Niemand sieht dem Pferd in solchen Momenten an, dass es bereits 38 Jahre alt ist. In "Menschenjahren" umgerechnet wäre Moritz über 100 Jahre alt. "Ponys werden manchmal ziemlich alt, aber Ende 30, das ist schon außergewöhnlich, vor allem bei einem Großpferd", sagt Tierfreundin Gabi Neikes.

Die 46-jährige Goldschmiedin kümmert sich um den Pferde-Opa, seit Besitzer Hans Stähn 2004 im Alter von 65 Jahren verstarb. Im Reitstall am Rande Bettraths, der ebenfalls Stähn gehörte, genießt Moritz seine alten Tage.

"Die Stallgemeinschaft und die Familie Stähn wollten, dass das Tier hier sein Gnadenbrot bekommt. Der Hof ist seit 34 Jahren sein Zuhause. Es wäre in Hans Stähns Sinne gewesen, dass wir seinem Liebling einen schönen Lebensabend bereiten", sagt Neikes. Die Witwe von Hans Stähn übernimmt die Kosten.

Moritz war vier Jahre alt, als Stähn ihn einem Händler abkaufte. Mit Pferdepartner Max, der bereits vor ein paar Jahren starb, marschierte der aus Belgien stammende Mix aus Warm- und Kaltblut bei fast allen Schützen- und Karnevalszügen der Stadt mit. Außerdem zog er Hochzeitskutschen oder wurde für Veranstaltungen vor den Planwagen gespannt. "Moritz war bei vielen Festen der Stadt dabei. Er liebte es. In Bettrath kannte man ihn gut", berichtet Neikes.

Laute Marschmusik, fliegende Karnevalskamelle, Menschenmengen am Straßenrand - das alles habe den kräftigen Vierbeiner nie aus der Ruhe bringen können. In "seinem" Revier hingegen habe er oft Zähne gezeigt. "Er war der Boss auf der Weide, verteidigte seine Herde. Eigentlich konnte nur sein Besitzer richtig mit ihm umgehen, zu allen anderen war er oft sehr frech", erzählt Neikes.

Deshalb habe man sich nach Hans Stähns Tod Sorgen gemacht, dass der "Pferde-Renter" sein Herrchen zu sehr vermissen und niemanden mehr an sich ranlassen würde. "Mit ein paar extra Leckerlis klappt das aber mit uns beiden, obwohl er mich manchmal noch immer von der Wiese jagt, wenn ich ihn reinholen will", sagt Neikes, die neben Moritz noch zwei eigene Pferde versorgt.

Der vierbeinige Senior erfreue sich trotz des hohen Alters bester Gesundheit. "Außer den üblichen Alterserscheinungen wie Arthrose geht es ihm gut. Er ist halt ein Arbeitstier und robust, noch vor vier Jahren war er im Einsatz. Erst jetzt sieht man die ersten grauen Haare am Kopf", so Neikes.

Manch kritische Tierfreunde hätten noch vor ein paar Jahren nicht geglaubt, dass das "Schützenpferd a.D." noch lange lebt. "Er war damals ja schon im stolzen Pferdealter. Doch er ist noch immer fit und munter", so Neikes.