Ex-Schüler gratulieren zum 100. Geburtstag
Der ehemalige Deutschlehrer Josef Korsten feiert morgen einen ganz besonderen Geburtstag.
Fast hundert Jahre alt und kein bisschen zahm geworden — Josef Korsten ist ein Mann der klaren Worte. Wenn er von jemandem nichts hält, dann sagt er das, auch wenn es sich um eine historische Persönlichkeit wie Hindenburg handelt. „Das habe ich im Leben gelernt“, sagt er. Von seinen Schülern dagegen weiß der ehemalige Lehrer nur Gutes zu berichten. „Alles prächtige Jungs!“, sagt er mit besonderem Blick auf die Oberprima von 1964, die er als Klassenlehrer durch ihre gesamte Schulzeit bis zum Abitur begleitet hat. Auch seine Schüler haben ihn nicht vergessen: Als sie ihr 50-jähriges Abitur gefeiert haben, war ihr alter Deutschlehrer selbstverständlich mit dabei.
Josef Korsten kann auf ein bewegtes Jahrhundert zurückblicken. Geboren wird er am 7. Januar 1918 in der Nähe von Jüchen als jüngstes von sieben Kindern. Die Eltern, die einen Bauernhof besaßen, hätten ihn gern als Pfarrer gesehen. Aber das kommt für ihn auf keinen Fall in Frage. Er studiert Deutsch und Musik in Bonn, Köln und Berlin. Während des Zweiten Weltkriegs kommen ihm seine schlechten Augen und sein hervorragendes Sprachverständnis zugute: Er muss nicht an die Front, sondern wird als Italienisch-Dolmetscher eingesetzt. Die Sprache hatte er in Bonn bei seiner Wirtin, einer Sizilianerin, gelernt, an die er sich noch gern erinnert. Nach dem Krieg beendet er das Studium, wird Lehrer und kommt nach Mönchengladbach. Nach einem kurzen Zwischenspiel am Hugo-Junkers-Gymnasium in Rheydt wechselt er nach Odenkirchen ans dortige Gymnasium, wo er bis zu seiner Pensionierung 1981 bleibt. Beliebt bei seinen Schülern, die über Jahrzehnte den Kontakt zu ihrem alten Lehrer halten.
Die Familie Korsten scheint langlebig zu sein, denn auch sein Vater ist älter als achtzig und seine Schwestern sind über neunzig geworden. Anderen Geschwistern und seiner Mutter haben die Langlebigkeitsgene nichts geholfen, sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von Marodeuren ermordet.
Als Josef Korsten 1954 in das Haus zieht, das er heute noch bewohnt, pflanzt er eine Glyzinie, die vor dem Haus steht und sich zu einem eindrucksvollen Prachtexemplar entwickelt hat, das die Terrasse umrankt. Der ehemalige Pädagoge ist auch mit 100 Jahren noch ein Gartenliebhaber. „Das liegt wohl daran, dass ich vom Land stamme“, meint er. „Für seine Pflanzen ist er durch halb Europa gefahren“, sagt Karin Korsten, seine zweite Frau. Deshalb blühen im Garten auch ganz besondere Iris oder ungewöhnliche Baumpäonien.
Eine andere Leidenschaft ist das Lesen. Günter Grass zählt er zu seinen Lieblingsautoren, aber vor ihm auf dem Tisch liegen vor allem französischsprachige Zeitschriften, die er nicht nur liest, nein, in denen er auch die Kreuzworträtsel auf Französisch löst. „Bis vor wenigen Jahren hat er auch immer Französischkurse an der Volkshochschule belegt“, erzählt seine Frau. Auch wenn sein Gehör heute nicht mehr so richtig mitspielen will — sein Gedächtnis lässt nichts zu wünschen übrig.
Als Gratulanten am Sonntag haben sich auch wieder einige seiner Schüler angesagt — Josef Korsten ist ein Mensch, der einen bleibenden Eindruck hinterlässt.