Fall Leo: Anklage legt Revision ein

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist die Bewährungsstrafe der Mutter zu milde. Sie soll die Schreie des getöteten Säuglings gehört haben. „Wie viel mehr Warnsignale hätte es geben müssen“, fragt die Anklage.

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Eine „zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen“ — so lautete der Richterspruch am 31. Mai gegen die 25 Jahre alte Mutter. Während ihr Kind vom Vater getötet wurde, hatte sie sich im Nebenzimmer schlafend gestellt und war nicht eingeschritten. Baby Leo wurde nur 19 Tage alt.

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„Ja, wir haben Revision gegen das Urteil für die Mutter eingelegt“, sagte Staatsanwältin Jane Wolf gestern. Im Gerichtsprozess hatte sie eine siebeneinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen Totschlags durch Unterlassen für die Angeklagte gefordert. Aus Sicht der Staatsanwältin hätte die Mutter es verhindern können, dass ihr Kind getötet wird. „Aber Sie haben das Kind zugunsten des Ehemannes geopfert“, hatte es am Ende des Plädoyers der Staatsanwältin geheißen.

Auch gestern erklärte Jane Wolf noch einmal, dass die Mutter die Schreie des Babys in der Nacht zum 21. Oktober 2015 gehört haben muss. Das hatte auch das Gericht so gesehen. „Auch wenn der Säugling nicht kontinuierlich geweint und geschrien hat, so doch immer wieder“, sagt die Staatsanwältin. Und: „Wie viel mehr Warnsignale hätte es noch geben müssen?“

Der Vater von Leo hatte im Gerichtsprozess ein umfassendes Geständnis abgelegt. Als Polizeiermittler ihm nach seiner Festnahme die erschreckenden Ergebnisse von Baby Leos Obduktion gezeigt hatten, war der 26-Jährige bereit, alle unfassbaren Details jener Nacht zu schildern. Mehr als zwei Stunden hatte demnach das Martyrium des Säuglings gedauert. Zunächst hatte der Vater das Baby, das er gerade gefüttert hatte, auf das Sofa gelegt und sich dann auf den kleinen Körper gesetzt. Als es erneut zu quengeln begann, schüttelte er das Baby mehrfach heftig. Dann legte er es auf den Wohnzimmertisch. Als das Kind sich ein weiteres Mal bemerkbar machte, schlug er es dreimal mit dem Kopf auf die Tischkante. Und das waren noch nicht alle Misshandlungen, die er dem Kind antat. Der 26-Jährige wurde dafür mit lebenslanger Haft gestraft. Auch bei guter Führung kann er nach 15 Jahren nicht vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden. Denn die Richter stellten außerdem noch die besondere Schwere der Schuld fest. „Verachtenswert“ seien seine Taten, „unfassbar“, sagte der Vorsitzende Richter.

Als das Höchststrafenurteil für den 26-Jährigen verkündet wurde, blieb es im Gerichtssaal mucksmäuschenstill. Ganz anders sah das bei der Verkündung der Strafe für die Mutter aus: Die Bewährungsstrafe löste Entsetzen aus. Wenn das Urteil gegen die Mutter zugestellt ist, hat Staatsanwältin Jane Wolf noch einen Monat Zeit, die Revision zu begründen. Der Bundesgerichtshof wird dann entscheiden, ob und inwieweit das Urteil gegen die Mutter aufgehoben wird. Der Fall des kleinen Leos, der wie kaum ein anderer die Menschen bewegte, ist also noch nicht abgeschlossen.