In seiner Freizeit rettet er Leben

HNO-Chefarzt Dr. Jochen Windfuhr behandelt in Tadschikistan Patienten — und nimmt sich dafür Urlaub.

Mönchengladbach. Wenn Dr. Jochen Windfuhr die Fotos seiner Reise nach Tadschikistan zeigt, sind Begeisterung und Anerkennung des Arztes für die Menschen dort deutlich spürbar.

„Freundlich, herzlich und sehr höflich“, seien ihm die tadschikischen Kollegen begegnet, berichtet der Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Mönchengladbacher Kliniken Maria Hilf.

Eine Woche lang behandelte Windfuhr im September in dem zentralasiatischen Land an der Grenze zu Afghanistan Patienten mit chronischer Mittelohrerkrankung. Er erfüllte sich damit einen Traum: „Albert Schweitzer war immer mein Vorbild“, erzählt der 48-Jährige.

Möglich machte seinen Einsatz die Mitarbeit für das Operationsprojekt „TajikAid“. Der Verein stützt sich auf das Engagement des Kempener HNO-Arztes Dr. Martin Kamp, der die medizinische Versorgung in Tadschikistan nachhaltig verbessern will.

Es ist ein „bitterarmes Land“, sagt Dr. Windfuhr. Zudem würde seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion der medizinische Standard immer schlechter. Er traf auf Menschen mit chronischer Knocheneiterung als Folge einer nicht behandelten Mittelohrentzündung. Ohne Hilfe bleiben die Betroffenen schwerhörig. Es droht eine Hirnhautentzündung, die tödlich sein kann.

Andere Patienten seien taub geworden, „weil Entzündungen mit billigen Antibiotika therapiert wurden“, berichtete der erfahrene Operateur. Teilweise stand er rund um die Uhr im OP. Es blieb keine Zeit, die Schönheit der „grandiosen Landschaft“ zu genießen. „Wir haben in einer Woche insgesamt 45 große Mittelohreingriffe geschafft“, sagt Dr. Windfuhr.

Weil die Ausstattung „extrem bescheiden“ sei, hatte der Mönchengladbacher Arzt vorsorglich medizinische Instrumente wie Bohrer und Mikroskop, gespendet von seinem Heimatkrankenhaus Maria Hilf, mitgebracht.

Der Spagat zwischen Basisversorgung in Tadschikistan und Hightech-Medizin in Deutschland reizt Dr. Windfuhr besonders. Er will auf jeden Fall wieder Urlaubstage dafür einsetzen und regelmäßig bis zu zwei Mal im Jahr nach Zentralasien reisen.

Die Planungen für den kommenden Mai laufen bereits. Schwerpunkt sind dann vor allem der Aufbau einer besseren Ausbildung und die Patientenversorgung. Die Menschen in Tadschikistan sollen langfristig auf eigenen Füße stehen können: „Ich habe meine Kollegen als sehr diszipliniert und extrem wissbegierig erfahren“, ist der Chefarzt am Maria-Hilf-Krankenhaus zuversichtlich.

Noch etwas hat ihn fasziniert: „Ohne die Sprache zu kennen, wir mussten uns teilweise mit Handzeichen verständigen, haben wir im OP hervorragend zusammen gearbeitet und viel erreicht“, sagt Dr. Windfuhr.