Jugendamt: Ex-Leiter wieder im Amt

Reinhold Steins ist nur wenige Tage nach seiner Verabschiedung zurück in der Verwaltung. Der Grund: Die Stadt fand keinen Nachfolger.

Foto: Tinter

Es war eine stimmungsvolle Feierstunde, als Jugendamtsleiter Reinhold Steins (63) am 9. Dezember nach 46 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet wurde. Doch die Pension währte nur wenige Tage: Noch vor Weihnachten bat die Verwaltungsspitze Steins plötzlich, er möge seinen Dienst doch weiter fortsetzen und die Altersteilzeit verschieben. Der verhinderte Pensionär folgte der Bitte und leitet offenbar zunächst für ein halbes Jahr weiter den städtischen Fachbereich Kinder, Jugend und Familie. In der vergangenen Woche schickte die zuständige Sozialdezernentin Dörte Schall ein entsprechendes Schreiben an die Mitarbeiter mit der Bitte, man möge Steins in alter Funktion entsprechend unterstützen.

Der fürs Personal zuständige Dezernent Matthias Engel bestätigte die überraschende Rückholaktion. „Wir hatten eine Situation, die wir so gut wie möglich lösen mussten“, sagte Engel und betonte, diese Position an der Spitze des größten städtischen Fachbereichs (inklusive der Kindergärten etwa 1000 Mitarbeiter) dürfe nicht verwaist sein.

Das wäre auch gar nicht nötig gewesen: Denn noch Anfang Dezember, wenige Tage vor der Verabschiedung Steins’, bat die Verwaltung etwa ein Dutzend Bewerber zu Vorstellungsgesprächen. Die Stadt, so ist zu hören, legte sich im Ergebnis auf eine Kandidatin fest. Die sagte wiederum überraschend ab. Doch statt sich auf einen anderen Kandidaten oder etwa eine kommissarische Leitung festzulegen, holte man lieber den gerade verabschiedeten Steins noch einmal zurück in den Dienst. Die anderen Kandidaten, auch interne Bewerber, erhielten eine dürre, zweizeilige Absage.

PeterHeller, Personalrats-Vorsitzender

Dezernent Engel wollte zum Besetzungsverfahren nicht Stellung nehmen, sagte allerdings, das Verfahren laufe weiter. „Ich gehe davon aus, dass wir die Stelle in diesem Jahr neu besetzen“, sagte der Dezernent. Es handele sich nun einmal um einen Fachbereich, in dem sehr sensible Themen betreut werden. Man müsse sich nun erstmal überlegen, wie man die Suche nach einem geeigneten Nachfolger fortsetzt. Dazu sollen auch sogenannte Headhunter eingesetzt werden, die nach passenden Führungskräften suchen. Ob die aber mehr Erfolg versprechen, ist ungewiss. Die Stadt Solingen etwa sucht auf diese Weise schon seit langer Zeit einen neuen Jugendamtsleiter — bisher vergeblich.

„Wir stehen beim Fachpersonal in Konkurrenz zu anderen Städten und der Privatwirtschaft. Deshalb dürfen wir vor keinem Instrumentarium die Augen verschließen“, sagte Engel. Die Rückkehr Steins’ sei deshalb eine Lösung im Interesse aller und eröffne die Freiheit, in Ruhe zu suchen. Die Stadt stellt sich also auf ein langwieriges Verfahren für den sensiblen Job ein. Rein rechtlich war die Reaktivierung Steins’ kein Problem, theoretisch könnte er sogar noch bis zum Alter von 67 Jahren als Beamter arbeiten.

Der Personalrat der Stadt kritisierte das Besetzungsverfahren: „Es ist ärgerlich, dass man niemanden für diese Position gefunden hat“, so der Personalrats-Vorsitzende Peter Heller. Viel zu lange habe man gezögert mit der Suche des Nachfolgers. Fast ein Jahr sei der Abschied Steins’ bekannt gewesen, doch erst im Dezember des vergangengen Jahres habe man entsprechende Bewerber eingeladen. „Wenn die Verwaltung frühzeitig gesucht hätte, dann hätte man jetzt einen Nachfolger.“ Fachlich begrüßt er zwar Steins’ Rückkehr, aber wenn jemand in Ruhestand gehen will, dann solle man ihn auch lassen, so Heller. Die Rückholaktion sei „kein gutes Zeichen, weder nach innen noch nach außen“.