Kahlschlag in der ganzen Stadt

800 Bäume hat die Mags 2017 gefällt — und in diesem Jahr geht es so weiter. Das ärgert viele Gladbacher, ist aber begründet.

Foto: Duisberg

Gartenbesitzer kennen das Datum: Ab 1. März bis Oktober gilt für brütende Vögel ein Schutz, Büsche dürfen in dieser Zeit nicht stark beschnitten, Bäume nicht gefällt werden. Die Stadttochter Mags hat gestern trotzdem die elektrischen Sägen aufheulen lassen. An der Hermann-Piecq-Anlage in der Auffahrt zur Viersener Straße wurden zwei große Bäume gefällt. Sie seien „stark erkrankt“ und mussten notgefällt werden, heißt es dazu aus dem Rathaus. Laut einer Mags-Sprecherin sollen es die letzten Fällungen vor der Brutzeit gewesen sein.

Wenige Tage zuvor, nicht weit entfernt auf der Viersener Straße, kurz vor dem Areal der Kliniken Maria Hilf: Der Mittelstreifen ist rasiert — und Michael Duisberg ist entsetzt: „Hier standen schöne Bäume und eine dichte Hecke“, sagt er. „Jetzt ist alles futsch. Ohne jede Not. Ein Trauerspiel.“ Konkret standen dort neun Bäume der Sorte Pyrus calleryana „Chanticlere“, zu Deutsch Stadtbirne, wie eine Nachfrage bei der Mags ergibt. Dazwischen Büsche und Efeu. Jetzt ist alles weg. Gefällt wurden die Bäume als Vorbereitung für die geplante Sanierung der Brücke über die Hermann-Pique-Anlage, heißt es als Erklärung.

Foto: Ilgner

„Mags — muss alles Grüne sägen!“, hat Duisberg der Stadttochter als Label verpasst. So wie er ärgern sich immer mehr Gladbacher über die weitflächigen Fällaktionen in der Stadt, wie Briefe an unsere Redaktion zeigen. Die Bürger sind sensibel, wenn es um das Grün zwischen dem Asphalt-Grau der Stadt geht.

Rund 800 Bäume wurden vergangenes Jahr im Straßenbereich gefällt, 200 neu gepflanzt, so die Bilanz der Mags. 2018 sollen ebenso viele Bäume fallen und 300 als Ersatz gepflanzt werden. Stadtweit gibt es 200 000 Einzelbäume, hinzukommen 845 Hektar reiner Wald. Mönchengladbach werden die Bäume also so schnell nicht ausgehen. Aber jeder große gefällte Baum ist für die meisten Bürger ein Verlust — klimatisch, ästhetisch und als Lebensraum für Vögel, Insekten und andere Kleintiere. Wo welcher Baum warum gefällt wurde und wird, geht aus einer Liste hervor, die auf der Internetseite der Stadttochter zu finden ist (www.mags.de). Die meisten Fällungen sind demnach nötig, weil die Bäume erkrankt sind: Fäulnis, Pilzbefall, Rindenabplatzungen, Risse, Schädlinge wie der Zottige Schillerporling werden genannt. Manchmal steht auch nur „abgestorben“ oder „sehr stark geschädigt“ in der Begründung. Stürme wie zuletzt Friederike verursachen Brüche und auch nicht auf den ersten Blick sichtbare Schäden. Mit Blick auf die Verkehrssicherheit muss die Säge angesetzt werden. Etwa 200 solcher Fällungen hat die Mags in den vergangenen Wochen durchgeführt. Weitere Gründe sind Zaunschäden, zu geringer Grenzabstand — oder auch „gestalterische Maßnahme“. Vor allem Letzteres sorgt für Unverständnis. Bei der aktuellen Stadtplanung wird vieles der Wirkung von Sichtachsen untergeordnet. Freie Flächen wie der Rheydter Marktplatz sind das Vorbild. Unterschiedliche Arten von Bäumen werden hingegen als störende Unordnung definiert. So zum Beispiel bei der geplanten Umgestaltung des Edmund-Erlemann-Platzes neben dem St. Vith, wo nur ein Baum stehenbleiben soll.

Und dann gibt es noch Spargründe, die vor allem kleine Grünflächen im Straßenbereich betreffen. Die seien, so die Mags, schwer zu pflegen. 600 Quadratmeter wurden deshalb asphaltiert, bei weiteren 300 ist das geplant. Jedoch sollen auch neue Bepflanzungsarten mit Blumenmischungen geprüft werden: auf 750 Quadratmetern am Nordpark oder auf 1720 Quadratmetern des Mittelstreifens der B230.