Kameras in der Altstadt überführen 47 Trickdiebe
170 mal wurden Mönchengladbacher im vergangenen Jahr Opfer von „Antänzern“.
Sie warten meistens, bis die Gaststätten in der Altstadt schließen. Dann gehen sie auf die noch vereinzelt herauskommenden Gäste zu, umarmen sie, tanzen mit ihnen und geben sich freundlich. Was die häufig alkoholisierten Opfer nicht wissen und häufig erst viel später merken: All das gehört zu einer Diebesmasche. Die so genannten Antänzer haben es auf Portemonnaies und Smartphones abgesehen.
170 Diebstähle wurden im vergangenen Jahr auf diese Art und Weise begangen. Am aktivsten waren die Antänzer im Mai und Juni. Dass die Polizei insgesamt 47 Täter ermitteln konnte, ist vor allem der Videobeobachtung in der Altstadt zu verdanken. „Einige Opfer waren so volltrunken, dass sie keine vernünftigen Hinweise geben konnten“, sagt Kriminaldirektor Stephan Wey. Die lieferten aber die Altstadt-Kameras.
Die Videobeobachtung war schon häufig bei Bekämpfung und Aufklärung von Verbrechen hilfreich. Als am 21. Januar 2012 plötzlich die verfeindeten Rockergruppen Hells Angels und Bandidos in der Altstadt aufeinandertrafen, hatte die Polizei dank der Kameras relativ schnell erkannt, dass sich da etwas Großes zusammenbraute. Auf den Videobildern war unter anderem zu sehen, dass die ganz großen Bosse der berüchtigten Motorradclubs mit dabei waren. Das musste einen Hintergrund haben: Es ging um territoriale Machtansprüche. Einer der Haupttäter ging wenige Monate später in Haft.
Als nach der Saisoneröffnung von Borussia im Juli 2009 deutsche Hooligans in der Altstadt Jagd auf englische Fans machten, ging die Polizei binnen Minuten dazwischen und konnte alle 21 Schläger ermitteln. Der Grund: Die sieben Kameras, mit denen das Geschehen rund um den Alten Markt beobachtet wird, hatten alles aufgezeichnet.
Auch Sexualtäter und Räuber konnten durch die Videoüberwachung schon identifiziert und später zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Von den 47 ermittelten Antänzern ging allerdings keiner in Haft. „Es handelt sich meistens um einfachen Diebstahl, und da die Tatverdächtigen aus Nordafrika sich in der Regel noch nicht lange im Land aufhalten, gibt es in der Regel auch keine Vorstrafen“, sagt Stephan Wey, Direktionsleiter Kriminalität.
Weil die Antänzer in der Regel nicht in Haft gehen, erteilt die Polizei den Männern auf verwaltungsrechtlicher Ebene ein Betretungsverbot. Dies gilt in der Regel für drei Monate. Verstoßen sie gegen das Verbot, droht ihnen die Zahlung eines Zwangsgeldes. Und wenn das nicht gezahlt werden kann, steht als nächster Schritt Ersatzzwangshaft an.
„Anders als bei der Strafverurteilung, die oft lange dauert, erzielen wir mit dem Betretungsverbot eine schnelle Wirkung“, sagt der Kriminaldirektor. Auch wenn ein Antänzer gerade das zweite Betretungsverbot erhielt, weil er nach Ablauf der drei Monate erneut einen Altstadtbesucher bestahl.
Wie Wey berichtet, leben die Antänzer auch zum Teil in der Stadt. Mit ihrer Masche seien sie aber in der ganzen Region unterwegs.