Karnevalskonzert: Schunkeln mit Swing und Paul Kuhn
Der „Mann am Klavier“ und die Sinfoniker begeistern im Theater.
Mönchengladbach. Berlin ist bekanntlich sehenswert. Doch die Hauptstadt ist auch mehr als hörenswert. Bestes Beispiel war das Gladbacher Karnevalskonzert, das dieses Mal unter dem Motto "Berlin - Berlin" stand. Und wie es der Doppel-Titel versprach, gab es für das festlich teilweise im Stil der 30er Jahre gekleidete Publikum zwei Konzerte in einem. Zum Anfang entführten die Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Graham Jackson die jecken Zuhörer mit unvergessenen und mitreißenden Operettenmelodien in das Berlin der "Goldenen Zwanziger und Dreißiger". Im Mittelpunkt standen Werke des Berliner Komponisten Paul Lincke. Heiter und verträumt ertönten alte Ohrwürmer wie das "Glühwürmchen-Idyll" oder das "Geburtstagsständchen". Letzteres erfreute besonders Prinzessin Niersia, feierte sie doch ihren 45. Geburtstag. Schwungvoll weiter ging es mit einem Walzer und einem Paso doble aus Josef Rixners Suite "Frohes Wochenende" sowie Ausschnitten aus Ralph Benatzkys Operette "Im Weißen Rössl". Eine Sondereinlage gab dabei Dirigent Jackson als "bayerischer Brite": Zum "Rössl" tanzte er einen kleinen Schuhplattler. Nach zwei Zugaben, darunter der legendäre Gassenhauer "mit Pfiff", die "Berliner Luft", freute sich das fröhlich gestimmte Publikum nach kurzer Atempause auf die Swing-Legende Paul Kuhn. Mit Martin Gjakonowski am Bass und seinem langjährigen Weggefährten, Drummer Willy Ketzer, ließ der bald 79-jährige "Mann am Klavier" es 70 Minuten lang "summen und brummen", wie es der MKV-Vorsitzende Bernd Gothe zuvor angekündigt hatte. Charmant gab Paul Kuhn zunächst den "zugereisten Berliner" zum Besten. Mit "Ich hab noch einen Koffer in Berlin" und "Das war Schöneberg im Monat Mai" machte er deutlich, dass nach sechs Jahrzehnten Musikgeschichte sein Herz weiter für die einzige deutsche "Großstadt" schlägt. Leicht und perlend interpretierte das Trio Cole Porters Klassiker "Night and Day" oder den Bossa-Nova-Hit "Wave" von Antonio Carlos Jobim. Bemerkenswert dabei, mit welcher Leichtigkeit Paul Kuhn über die Tastatur glitt und Töne zum Funkeln brachte - Blues, Samba und Jazz vermengte er zu einem großartigen, stimmungsvollen Swing-Cocktail. Höhepunkt des Programms war dabei die Interpretation von Duke Ellingtons "Prelude to a kiss", in dem die Musiker im Wechselspiel zur Hochform aufliefen. Am Ende feierte das Gladbacher Publikum das Paul Kuhn Trio mit stehenden Ovationen und schunkelte bei "Es gibt kein Bier auf Hawaii" in einen stimmungsvollen Abend.