Kita-Streik: Nur Kinder von Berufstätigen sind willkommen

So organisieren Eltern und Erzieher den Alltag in der Zeit der Arbeitsniederlegung.

Mönchengladbach. Seltsam still ist es gestern morgen in der Kindertagesstätte Am Hockstein. Wo sonst um acht Uhr 85 Kinder toben, sind ganze neun Kinder anwesend. Beaufsichtigt werden sie von zwei Erzieherinnen, die anderen acht Mitarbeiter streiken.

Eine junge Frau mit Kopftuch erscheint mit ihrem Töchterchen in der Tür und wird von Jeanette Kurfürst wieder weggeschickt. "Die Frau ist nicht berufstätig", erklärt die Erzieherin. "Heute sind nur die Kinder da, deren Eltern zur Arbeit müssen, und die keine andere Möglichkeit haben, ihre Kinder betreuen zu lassen", erklärt Jeanette Kurfürst die Bedinungen, unter denen sie für die Notgruppe zugelassen wurden. Die Mutter dachte, der Streik beschränke sich auf den Dienstag.

Auch Marc Kalkreuth stürmt herein, gefolgt von seiner Großmutter Eva. Seine Eltern sind beide berufstätig. "Für Eltern, die arbeiten, ist der Streik nicht gut", sagt sie. "Gestern war er bei mir, aber heute habe ich selbst einen Termin." Sie drückt "ihren Großen" noch einmal, geht, und der Junge rast in die Gruppe.

Jeanette Kurfürst ist nur aushilfsweise in der Kita tätig. Seit April. "Ich vertrete eine Kollegin, die seit Januar wegen eines Bandscheibenvorfalls fehlt", berichtet sie.

Gerade solche Erkrankungen sind für Erzieherinnen in Kitas an der Tagesordnung. "Wir sitzen auf zu kleinen Stühlen", nennt sie eine der Bedingungen, die der Krankheit Vorschub leisten. "Bevor ich kam, hat die Kollegin die Kinder alleine betreut", was den Druck auf sie noch verstärkt. "Ich verstehe das nicht", sagt Kurfürst. "Es gibt so viele Erzieherinnen, die Arbeit suchen."

Der vierjährige Paul Beiter und seine sechsjährige Schwester Leonie sind an den beiden Tagen bei ihren Großeltern. Ihre Mutter Anja hat Verständnis für den Streik der Erzieherinnen. "Wenn ich möchte, dass meine Kinder gut betreut werden, dann muss es auch den Leuten gut gehen, die sich darum kümmern."

Weil sie selbst im sozialen Bereich arbeitet, weiß sie um die ständig steigenden Anforderungen. "Aber die Bedingungen werden nicht angepasst."

Seit die Kinder unter drei Jahren in den Kindergarten dürfen, ist die Belastung für die Mitarbeiter erheblich angestiegen. "Die müssen noch mehr auf dem Boden arbeiten, damit sie den Kindern auf Augenhöhe begegnen können", sagt Anja Beiter.

Die kleinen Kinder müssen oft gehoben, viel getragen und teilweise auch noch gewickelt werden. "Dabei werden die Erzieherinnen bei nicht gerade guten Bedingungen auch noch schlecht bezahlt."

Jeanette Kurfürst ist - genau wie die andere diensthabende Kollegin - nicht gewerkschaftlich organisiert und beteiligt sich nicht an dem Ausstand. Schon wegen der finanziellen Konsequenzen: "60 Euro pro Tag werden den Streikenden vom Lohn abgezogen. Das kann ich mir nicht leisten."