Schließung in Mönchengladbach-Rheydt Karstadt soll ein Jahr Mietfreiheit verlangen
Mönchengladbach. · Die städtische Entwicklungsgesellschaft EWMG und der Konzern verhandeln über den Fortbestand der Filiale und eine Reduzierung der Miete. Die Stadt hat eine geringere Miete angeboten, der Konzern soll aber mehr verlangen und verweist darauf: Das Aus ist beschlossen.
Die Schilder sind eindeutig: „Wir schließen. Alles muss raus.“ Das lesen Kunden seit dieser Woche bei Karstadt in Rheydt. Die Gespräche zwischen der städtischen Entwicklungsgesellschaft EWMG als Vermieter und dem Konzern über einen weiteren Bestand der Filiale sind allerdings noch im Gange. Das bestätigte Michel Hontoy, Leiter der Filiale in Rheydt. „Wir sind ein guter und wichtiger Partner für Mönchengladbach und wollen es auch bleiben“, sagte Hontoy.
Die Stadt betonte, man habe Karstadt ein neues Angebot gemacht zu verringerten Konditionen. Darauf allerdings ist das Unternehmen bisher nicht eingegangen. Nach Medieninformationen soll Karstadt die Bedingung bei der Stadt platziert haben, bei Erhalt der Filiale in den kommenden Jahren ohne Miete weitermachen zu wollen. Hontoy kommentierte dies nicht, verwies lediglich auf kontroverse Meinungen in Gesprächen. Ein schriftliches Angebot von Karstadt liegt nicht vor. Der Konzern ließ eine Anfrage am Donnerstag und Freitag unbeantwortet.
Bisher zahlte Galeria Karstadt Kaufhof nach Medieninformationen etwas über drei Euro pro Quadratmeter an Miete an die EWMG. Mit Beginn der Corona-Pandemie aber stellte der angeschlagene Konzern aber die Mietzahlungen ein und machte dabei von der vom Bund geschaffenen Möglichkeit Gebrauch, die Mietzahlungen auszusetzen ohne die Kündigung zu riskieren, wie EWMG-Chef Ulrich Schückhaus bereits vor Wochen bestätigte.
Ob das jetzt jahrelang so weitergeht? Die Stadt Iserlohn etwa hat genau dies dem Konzern von sich aus angeboten, um die dortige Filiale vor der Schließung zu bewahren. An anderen Standorten aber ist man auf solche Angebote nicht eingegangen. In Mönchengladbach sieht man das ebenfalls skeptisch.
„Alle würden die Zukunft der Rheydter Innenstadt gerne mit Karstadt sehen. Und man ist in Gesprächen, ob man mit veränderten Konditionen eine Schließung vermeiden kann“, sagte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners. „Ich sehe durchaus, dass man sich entgegenkommen kann. Aber nicht um jeden Preis. Wir werden kämpfen, uns aber nicht verkämpfen.“ Die EWMG trete an vielen Stellen in der Stadt als Vermieter auf. „Wie will man anderen Mietern erklären, dass sie Miete zahlen müssen, Karstadt aber nicht?“, so Reiners. Man stelle schließlich eine Leistung zur Verfügung, und dies bedeute eine Gegenleistung. Reiners, der auch EWMG-Aufsichtsratsmitglied ist, verwies darauf, dass die Stadt dem Konzern schon einmal vor fünf Jahren mit dem Kauf der Immobilie und der Reduzierung der Mietfläche entgegengekommen sei. Er richtete am Freitagmorgen einen schriftlichen Appell an Galeria Karstadt Kaufhof, die Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Karstadt macht in den Verhandlungen Druck. Am Mittwochabend informierte der Konzern die Stadt, dass der Schließungsbeschluss für die Filiale mittlerweile durch die Geschäftsführung förmlich erwirkt worden sei. Aber gleichzeitig hieß es auch, dass es ein sehr begrenztes Zeitfenster für weitere Verhandlungen gebe. Wie die Stadt am Freitag mitteilte, müsse demnach bis Ende Juli, also bis kommenden Freitag, eine Einigung erzielt sein.
Insider gehen davon aus, dass dies mit dem 31. Oktober als entscheidendes Datum im Schutzschirmverfahren zusammenhängt. Um Fristen in den Verträgen der Belegschaft einzuhalten, müssten dann Kündigungen oder Vertragsänderungen etwa bis zum 31. Juli ausgesprochen sein. Auch ein Übergang in eine Transfergesellschaft, wie es die Gewerkschaft Verdi im Fall einer Schließung fordert, braucht Vorlauf.
Bei der Mietfrage könnte problematisch sein, dass es für freie Miete nicht nur die Zustimmung des EWMG-Aufsichtsrates bräuchte, sondern dass die Entwicklungsgesellschaft auch die vollständige Tochter einer Stadt mit problematischer Haushaltslage ist. Auf der anderen Seite hat Karstadt in den Verhandlungen aber auch ein gewichtiges Argument auf seiner Seite: Der Konzern wird darauf hinweisen, dass die Situation inmitten einer laufenden Rathaus-Baustelle – wenn der Neubau denn beschlossen wird – nicht einfacher wird.
Diese Perspektive habe man im Blick und dem Konzern ein „konkretes, sehr großzügiges Angebot auch für die Bauzeit gemacht“, wie der EWMG-Aufsichtsratschef Horst-Peter Vennen sagte. Der SPD-Politiker betont, man müsse alles tun, um die Schließung der Filiale abzuwenden. Auch ein Rathaus-Neubau nutze weniger, wenn es darin dann keine Frequenz mehr gebe. Überdies gebe es im Untergeschoss ja auch noch andere Mieter wie etwa den Discounter Aldi. „Das muss man alles vernünftig miteinander verzahnen“, so Vennen. Er glaubt: „Man wird sich entgegenkommen können. Es ist jetzt wichtig, die Gespräche beizubehalten.“
Bei einer Runde der Stadtspitze mit den Ratsfraktionen und Interessenvertretern in Rheydt am Donnerstagabend habe nach Auskunft des Rathauses Einigkeit darin bestanden, dass sich das Konsumverhalten der Menschen verändert hat und ein Shopping-Angebot alleine für eine Aufenthaltsqualität in Rheydt nicht mehr ausreicht. Auch Bi-Polarität mit zwei gleichwertigen Zentren sei ein Ansatz, der nicht mehr funktioniere. „Rheydt braucht eine eigene Identität und ein Alleinstellungsmerkmal, sodass es keine Konkurrenzsituation zum Zentrum in Mönchengladbach gibt“, so Reiners.
Unterdessen kämpft die Belegschaft weiter für den Erhalt der Filiale mit regelmäßigen Demonstrationen und mit einer Petition im Internet. Die Mitarbeiter haben bisher im Netz und auf Unterschriftenlisten im Geschäft mehr als 5000 Unterzeichner gesammelt und diese Listen an die Stadt übergeben.