Stadtentwicklung Denkmal: Mieter sind verunsichert

Wuppertal · Ein Schreiben mit dem Satz „Daher möchten wir Sie bitten auszuziehen“ sorgte für Aufregung. Eigentümer versucht zu beruhigen: „Keine Kündigungen geplant.“

Hildegard und Udo Müller mit Nachbar Rolf Hohmann (links) vor dem Teschemacher Hof in der Mirke.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Das Schreiben ist freundlich formuliert. Doch der vorletzte Satz sorgte bei Familie Müller für Aufregung. „Wir möchten Sie deshalb bitten auszuziehen.“ Für ihre Eltern, die seit mehr als 70 Jahren im Teschemacher Hof wohnen, sei das erstmal ein Schock gewesen, erzählt Tochter Beate von Eynern. Das Denkmal an der Straße In der Mirke, nahe dem Freibad, gehört zu den ältesten erhaltenen Fachwerkgebäuden Wuppertals. Vor zwei Jahren hatte die Renaissance AG, spezialisiert auf die Revitalisierung alter Gebäude, den Komplex, der eigentlich aus zwei dreigeschossigen Fachwerkbauten besteht, von der Stadt Wuppertal gekauft. Dass nun im Zuge der Sanierung offenbar kein Platz für die drei verbliebenen Mietparteien im Haus ist, sei dann doch überraschend gekommen, so von Eynern, die vor allem die Art und Weise ärgert.

Eine junge Dame habe die drei Briefe ihrer Mutter in die Hand gedrückt. Ein Nachbar sei zu dem Zeitpunkt nicht da gewesen, der andere im Urlaub. Das Schreiben der Renaissance habe nicht einmal ein Datum getragen. „So geht das doch nicht“, sagt von Eynern. Grundsätzlich sei man ja zu einem Auszug bereit, „aber dann müssen ein paar Bedingungen erfüllt werden“.

Dass die Sanierung, für die die Renaissance im Herbst 2019 gut 1,2 Millionen Euro ansetzte, komplexer werden würde, sei klar gewesen, so von Eynern. Der Zustand des Teschemacher Hofs ist bescheiden, ein Teil seit Jahren nicht mehr bewohnbar. Dass etwas getan werden muss, betonten auch die Eltern. Schon vor zwei Jahren übte das Ehepaar scharfe Kritik am damaligen Eigentümer. „Die Stadt lässt das vergammeln.“

Edelgard Müller war dort aufgewachsen. Über eine Schulfreundin der damals Elfjährigen, die erzählte, dass in dem großen Hof Wohnungen frei seien, kam ihre Familie nach dem Zweiten Weltkrieg in die Mirke. „Wir waren damals ausgebombt“, erinnerte sich die heute 84-Jährige vor zwei Jahren beim WZ-Besuch. Doch trotz einiger Widrigkeiten und einem Vermieter, der sich wenig gekümmert habe, betonte Müller schon damals: „Wir leben aber gerne hier.“ Auch der neue Besitzer habe bislang nicht viel getan, erklärt von Eynern, gerade, was das Außengelände angeht. „Man muss nur mal den Rasen sehen.“

Christian Baierl, Vorstand der Renaissance, räumt ein, dass die Kommunikation nicht optimal verlief. „Das hätte persönlich erfolgen sollen.“ Er hebt aber hervor, dass es sich beim Auszug „um eine freundliche Bitte“ handele. Eine Kündigung werde nicht erfolgen, erst recht keine Räumungsklage. Man hoffe auf eine Lösung im Gespräch. Ursprünglich war einmal angedacht, dass die Mieter während der Sanierung innerhalb des Teschemacher Hofes umziehen. Das dürfte schwierig werden, erklärt Baierl. Es sei auch fraglich, ob die Mieter angesichts der zu erwartenden Arbeiten das überhaupt wollen.

Vor allem die alten Holzbalken machen Sorgen, außerdem das Dach. Möglicherweise sitzt der Hausschwamm in den Wänden. Kurzum: Die mittlerweile festgestellten Schäden seien doch sehr massiv.

Mit ein Grund dafür, dass die Renaissance ihr Schreiben mit „Rettung des Teschemacher Hofes“ titelte. Man rechne mit einer Sanierungs- und Restaurierungsphase von rund zwei Jahren“. Man werde das Gebäude „in gewisser Weise auseinandernehmen müssen, um es dann in liebevoller Kleinarbeit wieder zusammenzufügen“. Dabei wäre es eine „große Hilfe, wenn wir das am leerstehenden Objekt vollziehen könnten“, heißt es in dem Brief.

Mieter wollen eine
adäquate Alternative

Dafür hat Familie Müller durchaus Verständnis. Ihre Eltern wollten sich auch nicht gegen einen Auszug sperren. „Aber wir erwarten eine adäquate Alternative zu den jetzigen Konditionen“, erklärt von Eynern. Barrierefrei, mit kleinem Balkon, dazu Unterstützung beim Umzug. Möglicherweise gebe es ja etwas im Bestand der Renaissance, die mehrere Objekte in Wuppertal betreut. „Meine Eltern sind 84 und 85. Welcher andere Vermieter würde da noch einen neuen Mietvertrag eingehen?“ Auch der Nachbar der Müllers, Rolf Hohmann, sei in einer ähnlichen Situation.

 Baierl gibt sich kooperativ. Man werde nach einer Lösung suchen. Der Plan sei, dass zum 1. Januar 2021 der Teschemacher Hof leergezogen sei, damit die Arbeiten beginnen können. Aber nur im Einvernehmen mit den Mietern.