Wegen der Corona-Krise Spenden brechen weg
Mönchengladbach. · Wegen ausgefallener Veranstaltungen bekommen viele Mönchengladbacher Vereine zu wenige Spenden – die sie aber dringend brauchen. Der Paritätische fordert daher zur Unterstützung auf.
Es sind dramatische Zahlen. Im Vergleich zum Vorjahr fehlen Zornröschen, dem Verein gegen sexuellen Missbrauch von Mädchen und Jungen, rund 45 000 Euro an Spendengeldern – bei einem Gesamtetat von 210 000 Euro. „Allein im Juni 2019 gingen Spenden in Höhe von insgesamt 10 000 Euro ein, die aus einem Spendenlauf, einem Benefizkonzert und von einer Bruderschaft stammten“, zählt Jochen Schell vom Zornröschen-Vorstand auf. In diesem Jahr fließt aus solchen Quellen nicht ein Euro. Wie auch, wenn Veranstaltungen coronabedingt nicht stattfinden können?
Mehr als 70 gemeinnützige Vereine und Organisationen in Mönchengladbach sind dem Paritätischen Wohlfahrtsverband angeschlossen. Sie machen soziale Angebote für Kinder, Senioren, Menschen mit Behinderung und viele mehr.
„Trotz zahlreicher Hilfsmittel der öffentlichen Hand geraten einige Träger in eine finanzielle Schieflage“, warnt der Paritätische. „Alle Träger müssen in der Krise mit deutlich weniger Geld auskommen oder haben zusätzliche Kosten für die Corona-Hygiene. Kleine Vereine haben meist die größten finanziellen Probleme“, erklärt Marko Jansen, Geschäftsführer des Paritätischen.
Auch der Rheydter Selbsthilfeorganisation Le Cri des Opprimés fehlt es an Möglichkeiten, Spenden zu akquirieren, um den Eigenanteil für ein bereits gebautes und gefördertes Behinderten-WC aufzubringen. Le Cri des Opprimés ist ein Verein, in dem sich viele Menschen mit afrikanischen Wurzeln organisieren. Der Verein macht Angebote für Eltern, Kinder und Familien mit behinderten Kindern. Deshalb wurde jetzt auch der barrierefreie Umbau der WC-Anlage durch die Aktion Mensch gefördert. Der Umbau ist fertig, die Eigenmittel in Höhe von 1200 Euro fehlen. „Wir konnten keine Veranstaltungen durchführen“, erklärt Vorstand Ngimbi Makambu. „Deshalb haben wir Schwierigkeiten, den restlichen Betrag zusammenzubekommen.“
Normalerweise werden bei den Aktivitäten des Vereins Spenden eingeholt. Auch kleine Unternehmen unterstützen den Verein oft, sind aber jetzt nicht dazu in der Lage.
Der Paritätische wirbt um Solidarität mit den Vereinen
„Wir haben versucht, telefonisch Spenden zu akquirieren, aber das funktioniert nicht wirklich“, sagt Makambu. Deshalb seien die Planungen für Bastel- und Kochangebote, afrikanische Sprach- und Geschichtskurse oder Nachhilfe erst einmal auf Eis gelegt. Zornröschen, der Mönchengladbacher Verein gegen sexuellen Missbrauch von Kindern, leistet in seinem 30. Jahr Präventions- und Beratungsarbeit, die in Zeiten so vieler Missbrauchsskandale notwendiger denn je erscheint. Aber auch hier verhindert die Corona-Krise die kontinuierliche Arbeit. „Unsere Mitarbeiter sind seit April in Kurzarbeit“, sagt Jochen Schell. Die telefonische Beratung konnte natürlich fortgeführt werden, aber die Präventionsarbeit in Kindergärten und Schulen fand nicht statt. Gruppen- und Einzeltermine waren lange Zeit nicht möglich.
Hat die Arbeit denn nicht eher zugenommen? Es war doch ein krisenbedingter Anstieg der Gewalt in den Familien befürchtet worden? „Wenn es ihn gibt, ist er bei Zornröschen noch nicht angekommen“, sagt Schell. „Häufig melden die Schulen und Kitas Auffälligkeiten, das fiel lange weg.“ Das Fehlen von fast einem Viertel des erwarteten Budgets trifft den Verein hart, bedroht ihn aber nicht in der Existenz. „Wir sind nicht panisch“, sagt Schell. „Die Beratungsstelle ist nicht in Gefahr.“
Mit dem Jugendamt hofft man sich trotz der Fachleistungsstunden, die nicht erbracht werden konnten, einigen zu können. Allerdings: „Wir würden gern die vierte Mitarbeiterstelle, die seit Januar vakant ist, wieder besetzen.“ Das ist angesichts der finanziellen Situation allerdings fraglich. Der Paritätische wirbt um Solidarität mit den Vereinen. „Ich möchte die Menschen bitten, die örtlichen Vereine in ihrer wichtigen Arbeit für die Menschen, die die Hilfe besonders benötigen, zu unterstützen“, appelliert Kerstin Adolf-Wright, die Vorstandsvorsitzende der Kreisgruppe des Paritätischen, an die Mönchengladbacher.