Zirkus Flic Flac in Mönchengladbach Dramatische Kunststücke in der Luft
Nordpark. · Ondrej Záruba und Dmytro Turkeev sind Artisten bei Flic Flac. Der eine fliegt mit seinem Motocross-Bike durch das Zelt. Der andere zeigt Akrobatik an zwei Bändern, die von der Decke hängen. Beide achten darauf, dass nichts passiert.
Er gehört zu den Stars beim Publikum, dabei ist sein Auftritt einer der kürzesten. Ondrej Záruba ist einer der beiden Mad Flying Bikes Freestyle FMX. Gleich zu Beginn, wenn sich die Artisten des Zirkus‘ Flic Flac vorstellen, springt er mit seinem Motorrad von einem Zeltende zum anderen. Das Publikum jubelt. Einen Auftritt, der sich getrost als ein wenig romantisch bezeichnen lässt, legt Dmytro Turkeev mit seiner Partnerin hin. In einem Regenschauer zeigen sie feinsinnige Akrobatik an den Strapaten, zwei Bändern, die von der Decke hängen. Eines haben sie gemein: Ihre Auftritte sind spektakulär und geschehen ohne große Sicherungen. Doch Sicherheit steht an oberster Stelle.
„Ich habe mit Motocross angefangen, als ich fünf Jahre alt war. Mit 15 Jahren habe ich erste Tricks gelernt und bin seit fünf Jahren bei Flic Flac“, erzählt Ondrej Záruba. Er war einer der ersten Motocrosser bei Flic Flac. „Niemand hatte bis dahin Erfahrung damit, wie es ist, mit einem Motorrad durch ein Zirkuszelt zu springen“, erinnert sich der 26-Jährige. Es sei entscheidend, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie viel Gas man gibt, wie weit die Distanz ist und für viele andere Kleinigkeiten. „Im Zelt ist der Klang des Motors lauter. Man denkt, man sei schneller als man tatsächlich ist“, erklärt Záruba. Bei seinen Sprüngen erreicht er eine Höhe von zehn Metern und fliegt rund 21 Meter, ehe er krachend auf der Rampe hinter dem großen schwarzen Airbag aufsetzt.
Bei einem Sprung hat sich Záruba einmal den Rücken gebrochen
Die Rampe genau zu treffen, sei nicht einfach. Setzt man zu früh auf, überschlägt sich das Motorrad und es kommt zu Verletzungen. Springt man zu kurz, landet man im Air Bag. „Das ist mir auch schon passiert. Bei einem Sprung habe ich mir auch einmal den Rücken gebrochen, aber nach fünf Monaten saß ich wieder auf der Maschine“, erzählt Záruba, als sei es das Normalste der Welt. Der Start der Motocrosser geschieht im Vorzelt. Über den Besucheraufgang fahren sie ins große Rund. „Die Strecke darf nicht nass sein oder verschmutzt. Darauf achte ich sehr genau. Außerdem muss der Tank gut verschlossen sein. Austretendes Benzin könnte sich entzünden. Bevor ich starte, checke ich alles vier oder fünfmal“, sagt er. Damit die Anlaufstrecke gerade ist, muss bereits beim Zeltaufbau auf Präzision geachtet werden. Nach zwei Jahren muss er die Maschine wechseln, der Verschleiß ist sonst zu hoch. „Am Ende ist es wichtig, nicht zu viel zu denken“, sagt Ondrej Záruba.
Auf Präzision achtet auch Dmytro Turkeev. Zusammen mit seiner Partnerin, mit der er zwei Kinder hat, zeigt er im strömenden Regen Gymnastik an den Strapaten. Er wollte anfangs auch Motocross fahren. Doch seine Mutter verbot es und kaufte ihm einen Affen. „Sie dachte, ich könne mit ihm im Zirkus auftreten, doch ich mag keine Tiere im Zirkus“, sagt der 37-Jährige. Er entschied sich für Akrobatik, lernte im Zirkus seine Frau kennen und trat mit ihr auch im Cirque du Soleil auf. Dann wechselte er zu Flic Flac, um sich weiterzuentwickeln. „Erfahrung ist am wichtigsten. Und man muss gute Trainer haben“, sagt er.
Motor der Maschine muss vor dem Auftritt genau geprüft werden
Kollegen aus anderen Zirkusunternehmen holen sich hin und wieder bei ihm Tipps. „Vor unserem Auftritt prüfe ich alles mehrfach. Es muss alles stimmen“, sagt er. Problematisch sei zum Beispiel der Regen. Das Wasser darf nicht warm sein wegen der Muskulatur und nicht in die Nase laufen.
„Wir arbeiten in bis zu zehn Metern Höhe, da wird jeder Fehler bestraft“, sagt Dmytro Turkeev. „Das Publikum will keine Unfälle sehen.“ Daher sei es wichtig, die Hände so zu präparieren, dass sie nicht rutschen. Auch der Motor, der die Strapaten in die Höhe zieht, muss vor dem Auftritt genau geprüft werden. Das Wasser behindere zudem die Sicht und macht die Kleidung schwer. „Wenn Wasser durch die Nase kommt, dann verwirrt das. Man verschluckt sich“, sagt Turkeev.
Ondrej Záruba und Dmytro Turkeev wissen, dass ihr Beruf Gefahren birgt. Beide haben Kinder und Familie. Doch Angst haben sie nicht. Aber einen gesunden Respekt.