Natur: Geänderte Satzung fördert Sägen

Seit einem Ratsbeschluss fallen in Gladbach mehr Bäume durch Menschenhand.

Für Dagmar Evans war der große Baum in Nachbars Garten ein Teil der Heimat - mehr noch: Er war ein Schutz vor schädlichen Einflüssen. "Sie hatte eine riesige Krone, spendete Schatten und hemmte die Emissionen von Lärm und Staub bei uns", so beschreibt die 64-jährige Rheydterin "ihre" Blaue Zeder. Geschätzte 70 Jahre stand sie auf dem Areal direkt neben dem Grundstück der Evans, prägte dessen Atmosphäre deutlich mit, wie Fotos belegen. Doch das ist für immer vorbei, der neue Nachbar entschloss sich, den Baum zu fällen - und hat das Recht auf seiner Seite.

Karl Sasserath von den Grünen

Laut Stadtverwaltung gab es keinerlei Möglichkeit, den Baumschlag zu verhindern. Der Grund: Im Herbst vergangenen Jahres wurde im Stadtrat eine neue Baumschutzsatzung abgesegnet. Nach dieser sind Nadelbäume mit einigen wenigen Ausnahmen nicht mehr geschützt, können also in der Regel - ohne Benachrichtigung der Behörden - von privatem Grund entfernt werden.

Karl Sasserath, grünes Ratsmitglied und Bezirksvorsteher von Rheydt-Mitte, nimmt den Fall der mächtigen Zeder zum Anlass, die damalige Entscheidung heftig zu kritisieren. "Dass eine uralte Zeder wie ein Weihnachtsbaum behandelt wird, darf nicht sein." Jetzt zeige sich, dass der damalige Kompromiss zwischen CDU und FDP ein "fauler" gewesen sei. Sasserath: "Da muss die Politik nachbessern. Wir sägen uns den Ast ab, auf dem wir Menschen sitzen."

Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Evans die ersten und einzigen sind, die sich über die gelockerte Satzung ärgern. Denn: Es gebe eine deutliche Tendenz, größere Bestände zu fällen, bestätigt das zuständige Amt für Grünunterhaltung und kommunaler Forst auf WZ-Nachfrage.

"Diese Erkenntnis haben wir so nicht", sagt dagegen Hans Joachim Stockschläger von der FPD-Fraktion, auf deren Initiative die geänderte Satzung zurückgeht. "Bei uns sind keine Beschwerden von Bürgern eingegangen." Die Gladbacher Liberalen hielten die aktuell gültige Fassung nach wie vor für richtig.