Schuldnerberatung: Wer Schulden hat, muss warten
14 Prozent der Gladbacher über 18 sind verschuldet – das sind mehr als 36 000 Personen.
Mönchengladbach. Ein halbes Jahr lang müssen die Gladbacher warten. "Das ist unsere Vorlaufzeit", sagt Karin Fuhrmann-Dally von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. 3200 Personen suchten hier im vergangenen Jahr Rat, nur knapp 1300 konnten in Einzelberatungen mit der Neuordnung ihrer Finanzen beginnen. Der Rest wartet.
14 Prozent der Gladbacher über 18 Jahren sind verschuldet, zwei Prozent weniger als vor zwei Jahren. Doch in anderen Städten wie etwa Krefeld liegt die Quote von einem etwa gleich hohen Ausgangsniveau heute bei zwölf Prozent. "Im landesweiten Vergleich liegen wir sehr schlecht", sagt Herbert Paulus, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, die zu 55 Prozent von der Stadt, zu rund 29 Prozent vom Land und zu 16 Prozent vom Sparkassen-Fonds finanziert wird.
Die Ursache für die lange Wartezeit liegt in der schlechten Personalausstattung. "Wir haben nur 3,5 Stellen und brauchen dringend noch eine", sagt er. Das würde auch die Politik einsehen, doch der Stadt-Kämmerer fürchtet, die Bezirksregierung, die im Nothaushalt Gladbachs jede Position prüft, würde das als freiwillige - und damit verbotene - Ausgabe bewerten. "Er meint, die Arge müsste sich an den Kosten beteiligen", erklärt Paulus. Immerhin schickt die rund die Hälfte der Klienten, weil Überschuldung ein Hemmnis bei der Aufnahme von Arbeit darstellt. "Ein juristischer Streit, den die Bezirksregierung im Herbst entscheiden will", so Paulus.
Der Ausweg besteht in Gladbach in einer Gruppenberatung, zu der jede Woche 20 bis 30 Personen pilgern. Bei diesem Termin von zwei Stunden wird über Pfändungsfreigrenzen und Techniken der Grundsicherung informiert. "Dass man beispielsweise ein neues Guthaben-Konto eröffnet und sich dorthin seine Bezüge überweisen lässt", beschreibt Fuhrmann-Dally ein wichtiges Detail, "von dem aus man dann Miete und Strom bezahlt." In 60 Prozent der Fälle sind nämlich die Banken die Gläubiger, die erst mal ihre Kreditansprüche mit dem Konto verrechnen. "Und wenn dann das Dispolimit erreicht ist, dann kann man die Miete nicht mehr zahlen."
Seit 1. Juli sorgt nun ein neues Gesetz für zusätzlichen Aufwand: Man kann das Konto, von dem gepfändet wird, in ein so genanntes P-Konto (Pfändungsschutz-Konto) umwandeln lassen, bei dem gesetzlich festgelegte Grenzen pfändungsfrei bleiben.
"Dafür braucht man eine Bescheinigung, die niemand ausstellen will. Außer uns." Doch weil sich der Schuldner mit der alten Regelung, die bis zum 31. Dezember 2011 gilt, eventuell besser stell, ist genaues Nachrechnen erforderlich. "Und dafür brauchen wir Zeit", sagt Leiterin Fuhrmann-Dally.