Schulen warnen vor der Sonne
Schüler im Kreis Viersen freuen sich auf die Sonnenfinsternis — die Lehrer sind hingegen vorsichtig.
Kreis Viersen. Birgit Stieger-Becker hat keine Brillen mehr bekommen. „Wir haben den Hype leider zu spät erkannt“, sagt die Schulleiterin der Erich-Kästner-Grundschule in Boisheim. Als die Schule einige der Schutzbrillen für die partielle Sonnenfinsternis an diesem Freitag auftreiben wollte, war’s schon zu spät. Nichts ging mehr, erzählt Stieger-Becker. Ab 9.30 Uhr soll sich morgen die Sonne verdunkeln. Sofern am Himmel kein dichter Wolkenteppich jede Sicht nimmt, wird das Naturspektakel „in Mitteleuropa und damit auch bei uns in Nettetal :-)“ zu sehen sein — mit Smiley, so schreibt es Angelika Eller-Hofmann, die die Gesamtschule Nettetal leitet, in einem Brief an Schüler und Eltern. Die Vorfreude ist groß.
Birgit Stieger-Becker, Erich-Kästner-Grundschule
Schulleiterin Eller-Hofmann hat noch eine Schutzbrille auftreiben können. Wann sie damit die verdunkelte Sonne zu sehen bekommen wird, weiß sie allerdings nicht. Gegen 10.30 Uhr soll die Sonne zu größten Teilen bedeckt sein. Der Unterricht an der Gesamtschule Nettetal wird währenddessen aber geregelt weitergehen. „Wir planen keine gemeinsame Beobachtung“, sagt Eller-Hofmann. Sollten Schüler geeignete Schutzbrillen mitbringen, liege es im Ermessen der Lehrer, sie einen Blick auf das Naturschauspiel werfen zu lassen. Die Kollegen begleiteten die partielle Sonnenfinsternis auch fachlich, sagt Eller-Hofmann. Das Phänomen ließe sich schließlich gut in den Unterrichtsstoff der naturwissenschaftlichen Fächer einbinden. „Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen“, sagt die Schulleiterin.
Am Clara-Schumann-Gymnasium in Dülken war die Finsternis gleichfalls schon Thema im Physikunterricht. „Es soll ein Verständnis für die astronomischen Vorgänge da sein“, sagt Schulleiter Gunter Fischer. Die Sonnenfinsternis wird während der großen Pause auf dem Schulhof auf eine Wand projiziert. Auf den Blick in die Sonne, auch mit Schutzbrille, sollen die Schüler stattdessen verzichten. In „Claras Depesche“, so nennt die Schule ihre Elternbriefe, habe man noch einmal auf das Ereignis und die Gefahren hingewiesen.
Angelika Eller-Hofmann, Gesamtschule Nettetal
Bei der partiellen Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond für gut zwei Stunden vor das Gestirn, bis von der Sonne nur noch ein sichelförmiger Rest zu sehen ist. Natürlich möchte das niemand verpassen. Der Blick mit bloßen Auge in die Sonne kann während der Finsternis aber die Netzhaut irreparabel schädigen. Das NRW-Schulministerium rät, von der EU genormte Schutzbrillen aufzusetzen. Diese Brillen sind mit „CE“ gekennzeichnet. Aber es gibt sie kaum noch. Blitzumfrage auf Viersens Hauptstraße: „Haben wir nicht“, „Hatten wir nie“, „Leider nein“ — sagen drei von vier Optikern gestern Nachmittag. „Am Morgen haben wir die Leute noch abgewimmelt“, erzählt Christoph Poos von Optik Volpp. Gestern Mittag aber kam plötzlich eine Lieferung Schutzbrillen. 250 Stück. Die Hälfte davon war nach nicht mal vier Stunden verkauft.
Zurück nach Boisheim, zur Erich-Kästner-Grundschule. Eigentlich wollte man hier jede Klasse mit Brillen ausstatten, daraus wurde nichts. Nun dürfen nur jene Kinder mit eigener Brille die Finsternis unter Aufsicht beobachten, sagt Birgit Stieger-Becker. Schüler ohne Schutz können das Ereignis in den Klassenräumen verfolgen. Per Liveübertragung aus dem Internet. Ansonsten wolle man den Schultag möglichst gewöhnlich gestalten. „Wir verdunkeln die Räume nicht und schließen uns auch nicht ein“, so Stieger-Becker. Zumal die Kinder bislang nicht sonderlich interessiert scheinen. Nur ein paar Viertklässler hätten sich nach der Sonnenfinsternis erkundigt, so Stieger-Becker. „Und einige Eltern, die nicht wollen, dass ihre Kinder das verpassen.“